search_icon 

close_icon

search_icon  

search_icon  

info16-3.jpg

 

Inhalt

 

Editorial

Wir haben in der Pharmainfo XV/2/2000 zum neuen Raucherentwöhnungsmittel Bupropion (Zyban) folgendes festgestellt: "Bupropion kann dosisabhängig zu Krämpfen (bis hin zum schweren generalisierten grand mal-Anfall) führen. Bei der in der Studie verwendeten Dosis ist das Risiko immerhin noch 0,1%, bei Dosissteigerung deutlich höher. Ein schwerer, generalisierter Krampfanfall ist natürlich eine sehr ernstzunehmende Komplikation. Es ist derzeit noch nicht absehbar, inwieweit diese Nebenwirkung bei der Raucherentwöhnung ein Problem darstellt. Sicherlich kann eine genaue Einhaltung einer niederen Dosierung und die Beachtung von Kontraindikationen (wie Krampfanfälle in der Anamnese) das Risiko geringer halten. Aufgrund dieser Daten dürfte für Bupropion insbesondere im Hinblick auf Nebenwirkungen wie Krampfrisiko Zurückhaltung zu empfehlen sein. Wenn allerdings die Nikotinersatztherapie versagt hat, könnte der Versuch mit Bupropion alleine oder in Kombination zweckmäßig sein, da mögliche Risiken dieser neuen Therapie vermutlich doch geringer als die Nachteile des Weiterrauchens sind."
Aufgrund der Meldungen über Krampfanfälle, insbesondere in England, haben nun die Firma und das Bundesministerium am 1. Juni eine Warnung ausgeschickt, die insbesondere eine Dosisreduktion am Beginn der Therapie und zusätzliche Kontraindikationen zur Reduzierung des Krampfrisikos betrifft. 
Unsere Bewertung, Zyban nur als Entwöhnungsmittel zweiter Wahl zu verwenden, also nur wenn Nikotinersatz sich als nicht wirksam erweist, hat sich damit bestätigt.
In Österreich ist Zyban bis jetzt (Juni 2001) zurückhaltend verschrieben worden (ca. 12.500 Patienen/innen), während in England bereits 400.000 Patienten/innen dieses Präparat erhielten.

 

Antihypertensive Therapie in der Schwangerschaft

H. Schröcksnadel (Univ.Klinik für Frauenheilkunde, Innsbruck)

Bei einer Hypertonie in der Schwangerschaft unterscheidet man zwischen einer präexistenten, chronischen und einer nach der 20. Woche auftretenden (schwangerschaftsinduzierten). Wenn zusätzlich noch eine Proteinurie besteht, handelt es sich um eine Präeklampsie. Diese kann wiederum in eine milde und eine schwere Form (>160/110 mm Hg, Harneiweiß = +++) differenziert werden. Die Eklampsie und das Haemolysis Elevated Liver function and Low Platelet (HELLP)-Syndrom als die schwersten Verlaufsformen weisen bereits eine mütterliche Mortalität bis 3% und eine kindliche bis 25% auf.
Schwangere mit chronischer Hypertonie haben ein erhöhtes Risiko für eine Pfropfpräeklampsie und eine vorzeitige Placentasitzlösung. Die perinatale Morbidität und Mortalität sind erhöht. Bei milder chronischer Hypertonie ohne Proteinurie ist die fetale Prognose gut. In mehreren randomisierten Studien mit verschiedenen Antihypertensiva und Placebo liess sich kein eindeutiger Nutzen der antihypertensiven Therapie hinsichtlich der fetomaternalen Prognose belegen (1). Eine kürzlich publizierte Metaanalyse fand sogar eine Korrelation zwischen Blutdrucksenkung und geringerem Geburtsgewicht (12). Eine gewisse Zurückhaltung für einen Therapiebeginn erscheint daher vertretbar.
Bei diastolischen Werten > 110 mm Hg (oder bei einem MAD > 130 mm Hg) besteht jedoch die Gefahr des Auftretens einer hypertensiven Encephalopathie (mit der Entwicklung von Hirnödem oder Blutung) sowie cerebraler und cardiovasculärer Komplikationen. Hier besteht international Einigkeit über die Notwendigkeit einer medikamentösen Blutdrucksenkung (1, 2, 3, 11). Die Rate an Pfropfgestosen, Frühgeburtlichkeit und vorzeitiger Plazentasitzlösung lässt sich damit nicht beeinflussen. Die Krampfbereitschaft wird nicht herabgesetzt.
α-Methyldopa (Aldometil, Presinol) ist die in randomisierten Studien am häufigsten verwendete Substanz und gilt als Mittel der Wahl, weil es aufgrund seiner zentralen Wirkung die uteroplacentare Durchblutung und die fetale Zirkulation nicht beeinflusst (4). Relevante Langzeiteffekte am Kind sind ebenfalls nicht vorhanden (belegbar durch 20-jährige Beobachtung). Verminderte Kopfumfänge der Neugeborenen im Vergleich zu nicht behandelten Schwangeren waren bei Nachuntersuchungen nach 7,5 Jahren mit keiner nachweisbaren Entwicklungsstörung verbunden (1).
Cardioselektive Betablocker 
wie Atenolol (Atehexal, Atenobene, Atenolan, Atenolol, Betasyn, Tenormin) oder Metoprolol (Beloc, Lanoc, Lopresor, Metohexal, Metolol, MetoMed, Metoprolol, Metotyrol, Seloken retard) werden ebenfalls empfohlen (1, 5, 6). Durch Verringerung der Herzfrequenz und des Herzzeitvolumens kann allerdings keine Verbesserung der uteroplacentaren Perfusion bzw. der fetalen Hämodynamik erwartet werden. Bei Langzeittherapie wurden fetale Wachstumsretardierungen beschrieben, wobei hier insbesondere Atenolol etwas stärker belastet erscheint (11,13). Peripartal kann es zu Hypotonie und Bradykardie des Feten kommen, inadäquates kindliches Kreislaufverhalten auf hypoxischen Stress ist möglich. Es gibt keine Studien über Langzeiteffekte auf Kinder (7).
Für die orale Langzeittherapie möglich, aber aufgrund zahlreicher Nebenwirkungen (bis zu Lupus erythematodes) heute nicht mehr geeignet ist die Anwendung von Dihydralazin (Nepresol). Da die uteroplacentare Perfusion nicht beeinflusst wird, ist hingegen Dihydralazin in der intravenösen Behandlung hypertensiver Notfälle erste Wahl (siehe unten). Dihydralazin ist dzt. in Österreich nicht erhältlich.
Calciumkanalblocker wie das Nifedipin (Adalat, Buconif, Fedip, Nifebene, Nifedipin, Nifehexal, Ospocard) sind als Medikamente 2. Wahl ebenfalls anwendbar (1, 5, 6, 8, 9). Die uteroplacentare Perfusion wird nicht nachteilig beeinflusst, was auch durch den Einsatz dieser Substanzen als Tokolytika bekannt ist. Bei Ineffektivität von α-Methyldopa (Aldometil, Presinol) kann Nifedipin in Retardform (Wirkung nach 20-45 Minuten), evt. auch in Kombination gegeben werden. Da im Tierversuch teratogene Eigenschaften gesehen wurden, wird eine Verschreibung im erstenTrimenon nicht empfohlen (11).
Die Gabe von ACE-Hemmern in der Schwangerschaft ist kontraindiziert, da Nebenwirkungen wie Wachstumsretardierung, Oligohydramnie, Fehlbildungen unterschiedlicher Art sowie neonatales Nierenversagen und Todesfälle beschrieben sind (1, 5). Diese Kontraindikation gilt auch für Angiotensin II-Rezeptor-Antagonisten (11, Candesartan: Atacand, Blopress; Irbesartan: Aprovel, Karvea; Losartan: Cosaar; Telmisartan: Micardis, Pritor; Valsartan: Diovan).
Von der Gabe von Clonidin (Catapresan) und dem als Blutdrucksenker obsoleten Reserpin (kombiniert in Adelphan-Esidrex, Brinerdin, Darebon, Pressimedin, Resaltex, Supergan, Suprenoat) sollte aufgrund von Nebenwirkungen in der Schwangerschaft Abstand genommen werden (5, 9).
Eine Metaanalyse von 9 randomisierten Studien (1), die eine Therapie mit Diuretica vs. keine Therapie an 7000 normotensiven Frauen mit Ödemen verglich, ergab keine Unterschiede in der Inzidenz von Nebenwirkungen bei Mutter und Kind, wobei das fetale Wachstum nicht beurteilt wurde. Eine diureticainduzierte Abnahme des Plasmavolumens, das bei Gestosen bereits vermindert ist, kann für die uteroplacentare Perfusion nachteilig sein (1, 5, 6), Diuretica werden daher generell nicht empfohlen (11).

Zusammenfassend sind für die Indikationsstellung zur antihypertensiven Therapie bei präexistenter Erkrankung die Schwere des chronischen Hochdrucks, das potentielle Risiko für Zielorganschäden und das Vorhandensein präexistenter, cardiovasculärer Erkrankungen massgebend. Mittel der Wahl sind α-Methyldopa, ß-Blocker und Calciumkanalblocker (diese allerdings nicht im 1. Trimenon).
Bei den schwangerschaftsinduzierten Hochdruckerkrankungen ist die Notwendigkeit für eine antihypertensive Therapie ebenfalls vom Schweregrad der Erkrankung abhängig. Erst ab Blutdruckwerten >160/110 mm Hg ist, besonders zur Vermeidung einer cerebralen Blutung, eine pharmakologische Intervention indiziert (1, 9). Eine kindliche Indikation zur antihypertensiven Therapie zur Verhinderung negativer Effekte auf den Foetus gibt es nach heutiger Kenntnis nicht (9). 
Bei der Präeklampsie sind die Herzauswurfleistung und das Plasmavolumen reduziert, der systemische Gefässwiderstand erhöht. Die Perfusion von Placenta, Nieren, Leber und Hirn ist vermindert. Diesem Faktum muss bei der Blutdrucksenkung Rechnung getragen werden, da gerade bei den Vasodilatantien die bestehende Hypovolämie noch verstärkt und somit ein kompensierter Schockzustand geschaffen wird. Dieser führt in weiterer Folge zur Gegenregulation des Körpers im Sinne der Zentralisation, was wiederum zum Rückgang der Harnausscheidung und der uteroplacentaren Perfusion mit fetaler Hypoxie führt. Daher ist bei präeklamptischen Frauen im hypertensiven Notfall immer eine simultane Hämodilution mit Kristalloiden oder Kolloiden nötig, um das sich öffnende Gefässvolumen zu füllen (5, 6, 8). Die Blutdrucksenkung soll langsam und schonend erfolgen, um den Feten nicht durch eine uterine Minderperfusion hypoxisch zu belasten. Der diastolische Blutdruck soll dabei auf Werte zwischen 90 und 105 mm Hg titriert werden.

Für die Blutdrucksenkung bei der schweren Präeklampsie steht primär die intravenöse Therapie im Vordergrund (1, 5, 6, 7, 8, 9):
Als Initialtherapie ist international einheitlich die intravenöse Therapie mit dem Vasodilatator Dihydralazin (Nepresol) üblich. Mit Dihydralazin wird in 90% der Fälle eine adäquate Blutdruckregulierung erreicht (8). Von 9 randomisierten Studien, in denen Dihydralazin mit anderen Antihypertensiva verglichen wurde, zeigte nur eine einzige Studie mehr Nebenwirkungen/Therapieversager in der Dihydralazingruppe (1).
Bei Therapieversagen oder schweren Nebenwirkungen, wie Tachykardie, Kopfschmerzen, Erbrechen oder Übelkeit, kann auf intravenöses Labetalol (Trandate) oder den Calciumkanalblocker Nifedipin (sublingual: Buconif-, Ospocard Sublingualspray), allerdings für diese Indikation nicht zugelassen, umgestellt werden. 
Der α- und ß-Rezeptorantagonist Labetalol (Trandate) führt neben der Blutdrucksenkung auch zur Abnahme des peripheren Widerstandes ohne wesentlichen Einfluss auf Herzfrequenz und -zeitvolumen (1, 9, 10), was als Vorteil für die uteroplacentare Perfusion anzusehen ist. Durch das Fehlen von Reflextachykardie wird diese Medikation subjektiv oft besser vertragen. Als Nebenwirkungen sind Übelkeit, Erbrechen, Flush, Kribbeln der Kopfhaut und Kopfschmerzen beschrieben. Es gibt keine Langzeituntersuchungen hinsichtlich der Kinder.
Von der deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (5, 6, 8) wird bei Therapieversagen von Dihydralazin auch noch die Gabe von parenteralem Urapidil (Ebrantil) empfohlen, das den Blutdruck und den peripheren Gefäßwiderstand (ohne Beeinflussung des Herzzeitvolumens) sowohl durch Antagonisierung der postsynaptischen α1-Rezeptoren als auch über einen 5-HT1A Antagonismus senkt. Der Wirkungseintritt erfolgt äußerst rasch (nach 1-3 Minuten), das Medikament ist durch die kürzere Halbwertszeit gut steuerbar. Es führt zu keiner Reflextachykardie und zu keiner Steigerung der Hirndurchblutung, daher auch kaum zu Kopfschmerzen.

Zusammenfassend muss darauf hingewiesen werden, dass bei den rein schwangerschaftsinduzierten Hochdruckerkrankungen nur bei schweren Verlaufsformen Antihypertensiva indiziert sind, da es sich ausschliesslich um eine symptomatische Therapie mit potentiell negativen Effekten auf die kindliche O2-Versorgung handelt. Die einzige kausale Therapie stellt die Beendigung der Schwangerschaft dar. Somit ist eine blutdrucksenkende Therapie meist nur kurzfristig bis zur Entbindung und im Wochenbett, bzw. bei fetaler Unreife und Schwangerschaftsprolongation über einige Wochen vonnöten.

Literatur:
(1) NEJM 335,257,1996
(2) Obstet Gynecol 78,451,1991
(3) Am J Kidney Dis 17,149,1991
(4) Am J Obstet Gynecol 168,152,1993
(5) Frauenarzt 41,139,2000
(6) Gynäkologe 32,46,1999
(7) NEJM 326,927,1992
(8) Frauenarzt 39,1706,1998
(9) Z Geburtsh Perinat 195,1,1991
(10) Br J Anaesth 76,133,1996
(11) Treatment of Hypertension in Pregnancy (Med Prod Agency, Uppsala)
(12) Lancet 355,87,2000
(13) Am J Hypertens 12,541,1999

 

Teegemische: Zulassung nach § 17a Arzneimittelgesetz

Im Arzneimittelverzeichnis (Austria Codex und Vidal) finden sich Texte zu Teegemischen, die etwas Verwirrung stiften dürften - als willkürliches Beispiel sei Birken-Elixier "Weleda" genannt. Erstens handelt es sich nicht um Fach- sondern um Gebrauchsinformationen. Zweitens ist für diese Tees nicht ein Zulassungsverfahren über Wirksamkeit, Toxizität etc. notwendig, wie für die anderen Substanzen, sondern es genügt die Vorlage von Literatur, z.B. Erfahrungsberichte. In den letzten Jahren hat sich das Niveau der Zulassung für normale Substanzen national und dann noch besonders auf europäischer Ebene gesteigert, sodass dies jeweils dem Stand der Wissenschaft entsprechen dürfte. Für § 17a Substanzen wie Tees ist dies nicht notwendig. Dementsprechend liest man nun Texte, die verwundern: z.B. für Birken-Elixier "Weleda": Eigenschaften und Wirksamkeit: "Auszüge aus Birkenblättern sind für ihre fördernde Wirkung auf die Wasser- und Salzausscheidung der Niere seit langem bekannt. Eine Reihe von Erkrankungen wie z.B. auch rheumatische Prozesse, können durch ungenügende Ausscheidung von im Körper vorhandenen Stoffwechselabfällen in ihrem Entstehen begünstigt werden. Birken-Elixier "Weleda" bewirkt eine Anregung der Ausscheidungsfunktion der Niere."
Dass solche Texte eine andere Qualität haben als "normal" zugelassene Mittel zur Rheumatismusbehandlung ist offensichtlich.
Es ist also wichtig zu wissen, dass bei der Zulassung von Tees aufgrund des § 17a Kriterien angewendet werden, die, neutral ausgedrückt, anders als bei normalen Arzneimitteln sind. Es dürfte zweckmäßig sein, die Gebrauchsinformation für § 17a Substanzen getrennt zu publizieren, um nicht den falschen Eindruck zu erwecken, dass sich generell der wissenschaftliche Standard bei der Zulassung geändert hat.

 

Asthma Bronchiale Update

Im Laufe der letzten 10 Jahre haben wir mehrfach (Pharmainfo VI/3/1991; IX/4/1994; X/3/1995; XI/2/1996; XV/3/2000) die Therapie des Asthma bronchiale diskutiert. Aufgrund klinischer Studien (insbesondere Langzeitstudien) konnte gezeigt werden, dass für eine optimale Therapie des Asthma bronchiale die inhalative Cortisontherapie im Vordergrund steht. Nur durch diese kann die Verschlechterung des Krankheitsbildes durch den entzündlichen Vorgang verhindert oder zumindest verlangsamt werden. Dies war durch die frühere Monotherapie mit kurzwirksamen ß2-Sympathomimetika nicht möglich, und es entstand sogar der begründete Verdacht (1), dass die chronische Monotherapie mit diesen Substanzen zu vermehrten Todesfällen führt, zumindest aber die durch Asthma erhöhte Mortalität nicht verhindert.
Für eine inhalative Cortisontherapie konnte nun der Langzeitnutzen durch eine weitere Studie bestätigt werden (1). Für über 30.000 Asthmapatienten/innen wurden über 20 Jahre Therapie- und Mortalitätsdaten erfasst. Die Daten belegen, dass die regelmäßige Verwendung von inhalativem Cortison zu einer Reduktion von durch Asthma ausgelösten Todesfällen führt. Für jede neu eingeführte Therapie muss gezeigt werden, dass sie im Langzeitnutzen zumindest gleich gut wie eine inhalative Cortisontherapie ist. Für Leukotrienantagonisten wie Montelukast (Singulair) liegen diese Daten nicht vor (siehe Pharmainfo XV/3/2000) und daher ist derzeit Montelukast nur als Zusatztherapie, aber nicht als primäre (first line) Asthma-Monotherapie (außer beim anstrengungsinduzierten Asthma) zu vertreten. Für langwirksame ß2-Sympathomimetika (Salmeterol: Salmeterol, Serevent; Formoterol: Foradil, Oxis) wurde kürzlich (1a, 1b) eigentlich wie zu erwarten gezeigt, dass sie als Monotherapie im Vergleich zu inhalativem Cortison zu einer schlechteren Kontrolle des Asthma führen. Eine Monotherapie mit langwirksamen Sympathomimetika ist daher aufgrund dieser Studien nun endgültig ausgeschlossen.
Eine weitere Frage
 betraf die Stellung der Theophyllinpräparate versus lang wirksamen ß2-Sympathomimetika bei nächtlichem Asthma. In der Pharmainfo XI/2/1996 konnte hierzu noch wenig Definitives gesagt werden. Inzwischen hat sich ein Übersichtsartikel (1c) mit dieser Frage befasst. Die Zugabe von langwirksamen ß2-Mimetika zu einer nieder- bis hochdosierten inhalativen Cortisontherapie verbessert die nächtliche Asthma-Symptomatik besser als eine weitere Erhöhung der Cortison-Dosis. Im direkten Vergleich langwirksamer ß2-Mimetika versus Theophyllin (5 Studien) war in 3 Studien das ß2-Mimetikum überlegen, in 2 Studien wurde kein Unterschied gefunden. Dies belegt die bessere Wirkung der Sympathomimetika. Zusätzlich haben Theophyllinpräparate den Nachteil einer geringen therapeutischen Breite, was z.B. im Rahmen von Pharmaka-Wechselwirkungen ein Problem darstellt. Nebenwirkungen reichen von Übelkeit, Erbrechen, Schlaflosigkeit bei niederem bis zu Arrhythmien und Krämpfen bei hohem Serumspiegel.
Aufgrund all dieser Daten ist der Schluss des Übersichtsartikels (1c) vertretbar: Langwirksame ß2-Mimetika sind (gegenüber Theophyllin) als Zusatz zu einer inhalativen Cortison-Therapie Mittel der Wahl, wenn diese nicht ausreicht, nächtliche Anfälle zu koupieren.
In der Pharmainfo X/3/1995  haben wir die zahlreichen Theophyllin- und Proxyphyllin-Kombinationspräparate zur Asthma-Therapie als obsolet kritisiert. Erfreulicherweise sind Eudur, Bronchisan, Asthma Bisolvon, Bellasthman und Asthma Hilfe Dr. Weber vom Markt verschwunden. Leider verblieben, oder wieder aufgetaucht, sind Ambredin, Asthma 23D und Asthma Efeum.
Wenn überhaupt (siehe oben) sollten nur Monopräparate (Aerodyne retard, Afonilum, Euphyllin retard, Pulmidur retard, Respicur retard, Theospirex retard, Unifil retard) verwendet werden.
Wie in der Pharmainfo XI/2/1996 besprochen, ist auch bei Kindern die inhalative Cortisontherapie gut wirksam. Ihr Platz im Vergleich zu Mastzellstabilisatoren wie Cromoglicinsäure (Cromal, Cromoglin, Intal, Pulmosin) oder Nedocromil (Tilade) war aber noch nicht völlig geklärt. Wir haben damals empfohlen, wenn Mastzelldegranulationshemmer verwendet werden, bei Verschlechterung der Symptomatik auf dasmöglicherweise "bessere" inhalative Cortison umzusteigen (Pharmainfo XI/2/1996). Eine Studie (2) bei über 1000 Kindern (5-12 Jahre) über 4 bis 6 Jahre hat nun inhalatives Budesonid (Miflonide, Pulmicort) mit Nedocromil verglichen. Sowohl Budesonid und Nedocromil reduzierten im Vergleich zu Placebo signifikant die Notwendigkeit von oralem Prednison und von dringenden Besuchen beim Arzt, aber nur Budesonid reduzierte den Asthma "symptom score", den Bedarf an ß2-Mimetika und die Spitalsaufenthalte, bewirkte mehr episodenfreie Tage, reduzierte die bronchiale Erregbarkeit (gemessen durch Methacholin) und verbesserte das FEV I (ohne Bronchodilatation). Enttäuschend war aber, dass nicht nur Nedocromil sondern auch Budesonid einen typischen Parameter der Lungenfunktion (FEV I nach Bronchodilatation) nicht verbesserten. Dies impliziert, dass zumindest bei Kindern auch eine Cortisontherapie (durch 4-6 Jahre verabreicht), den durch Asthma verursachten Lungenfunktionsverlust nicht stoppen kann. Trotzdem favorisierte die zitierte Vergleichsstudie den Gebrauch von inhalativem Cortison, zumindest bei mittelgradigem bis schwerem Asthma. Auch gegenüber Cromoglicinsäure (Cromal, Cromoglin, Intal, Pulmosin) zeigen 2 Langzeitstudien (6 Monate bzw. 1 Jahr) eine Überlegenheit von inhalativem Budesonid (zitiert in 3). 
Aber auch die möglichen Nebenwirkungen dieser inhalativen Asthmamedikamente sind zu bedenken, wobei hier Mastzelldegranulationshemmer als nebenwirkungsarm bekannt sind. Wir haben auch für inhalatives Cortison für Kinder in der Pharmainfo XI/2/1996 die an sich günstige Nebenwirkungssituation besprochen. In der obigen Vergleichsstudie an mehr als 1000 Kindern wurde keine Änderung der Knochendichte, in Bestätigung früherer Daten (siehe Pharmainfo XI/2/1996), beobachtet. Auch Katarakte wurden nicht gesehen, die nach hohen (!) Dosen bei Erwachsenen auftreten sollen (4). Für das Längenwachstum zeigte sich für Budesonid (2) nur im ersten Jahr eine Verlangsamung (22.7 versus 23.8 cm), die berechnete endgültige Körperlänge war aber unbeeinflusst.
Diese Daten zeigen, dass frühere Studien (siehe 4) bezüglich des Längenwachstums unter inhalativem Cortison zwar für ein Jahr die gleichen Daten ergaben, eine Hochrechnung auf das gesamte Längenwachstum aber unzulässig ist. Tatsächlich zeigte auch eine noch längere Studie (5) über im Mittel 9.2 Jahre, dass inhalatives Budesonid die endgültige Körperlänge nicht beeinflusst.

Zusammenfassung
Neue klinische Langzeitstudien bestätigen für Erwachsene den Nutzen einer inhalativen Cortisontherapie bei Asthma bronchiale, da sie nicht nur die Verschlechterung des Krankheitsbildes verhindert oder verzögert, sondern auch die durch Asthma ausgelöste Mortalität senkt. Jede neue Therapie muss, bevor sie als Primärtherapie anerkannt werden kann, zuerst gegen diese Resultate gemessen werden. Für den Leukotrienantagonisten Monteluklast (Singulair) ist dies außer für anstrengungs-induziertes Asthma noch nicht ausreichend erfolgt. Für langwirksame Sympathomimetika wurde, so wie bereits früher für kurzwirksame, nun auch gezeigt, dass sie als primäre Monotherapie schlechter als inhalatives Cortison zu bewerten sind. Wenn die inhalative Cortison-Therapie zur Reduktion des nächtlichen Asthma nicht ausreicht, sind langwirksame ß2-Sympathomimetika als Zusatz besser als Theophyllin.
Bei Kindern zeigt der Vergleich inhalatives Cortison versus Mastzelldegranulationshemmer (Nedocromil bzw. Cromoglicinsäure) die Überlegenheit von Cortison in der Symptomkontrolle. Die in den letzten Jahren diskutierte geringe Wachstumshemmung durch diese Therapie ist auf das erste Jahr beschränkt, nach einer jahrelangen Therapie wird eine normale endgültige Körperlänge erreicht.

Literatur:
(1) NEJM 343,332,2000
(1a) JAMA 285,2583,2001
(1b)JAMA 285,2594,2001
(1c) Drugs 61,39,2001
(2) NEJM 343,1054,2000
(3) Drugs 60,1141,2000
(4) JAMA 280,1830,1998
(5) NEJM 343,1064,2000.

 

Wirkt alpha-Liponsäure (Thioctacid, Tioctan) gegen diabetische Neuropathien?

α-Liponsäure ist für die Indikation "diabetische Neuropathien" zugelassen. Ein Wirkungsmechanismus ist nicht etabliert. Diskutiert wird ein Effekt als Antioxidans und damit als Radikalenfänger (1). Gibt es verlässliche Studien, die diese Indikation belegen? Eine Literatursuche (1995-2001) ergab, dass nur wenige klinisch kontrollierte Studien vorliegen. 
Eine 2-Jahres-Studie (Aladin II-Studie: 2) bei oraler Gabe von 600 mg oder 1200 mg ist methodisch völlig unzureichend. Die Studie wurde mit 299 Patienten/innen begonnen, für eine erste Analyse standen nur noch 169 Patienten/innen zur Verfügung. Wegen Fehlern in der elektrophysiologischen Analyse wurden dann von einem Expertengremium noch weitere Patienten/innen ausgeschlossen und die Schlussanalyse wurde mit 65 Patienten/innen (n = 18-27 pro Gruppe) durchgeführt. Es wurden nur inkonsistente Resultate bezüglich der Nervenleitgeschwindigkeit erhalten, je nach Parameter entweder geringfügige Besserungen mit beiden Dosen, nur mit der niedrigeren oder nur mit der höheren. Offensichtlich sind solche Studien für die Bewertung eines Arzneimittels nicht zu gebrauchen.
Zwei weitere Studien von einer Arbeitsgruppe ergaben ebenfalls widersprüchliche Ergebnisse. In der einen Studie (Aladin III-Studie: 3) wurden Patienten/innen zuerst intravenös mit 600 mg α-Liponsäure behandelt, anschliessend wurde die Therapie oral für 6 Monate weitergeführt. Nach den ersten 3 Wochen wurde für den Total Symptom Score zur Erfassung neuropathischer Symptome kein signifikanter Unterschied gefunden. Dieses Ergebnis widerlegte den früheren positiven Befund dieser Gruppe in einer methodisch problematischen Arbeit an wenigen Patienten/innen (Aladin I-Studie: 1). Nach 6 Monaten oraler Therapie wurde für diesen Parameter überhaupt kein Unterschied mehr zwischen Placebo und Verum gefunden. Nur der Gesamt-Neuropathic Impairment Score (NIS) zeigte nach der intravenösen Therapie von 3 Wochen einen signifikanten Unterschied, nicht jedoch der NIS-LL (Lower Limb: also untere Extremitäten). Nach 6 Monaten waren für beide Werte keine signifikanten Effekte mehr zu sehen. Korrekterweise schließen die Autoren (einschließlich eines Firmenvertreters): "Diese Befunde zeigen, dass eine 3-wöchige intensive Behandlung mit α-Liponsäure, gefolgt von einer 6-monatigen oralen Therapie keinen Effekt bezüglich neuropathischer Symptome hat, der von Placebo in klinisch relevanter Weise zu unterscheiden ist." 
Eine weitere Studie derselben Gruppe (4) testete die orale Gabe (3x600mg) von α-Liponsäure allerdings nur an 24 Patienten. Der Total Symptom Score war für das Verum signifikant verbessert, von 4 Subscores (Parästhesie, Schmerz, Taubheit und Brennen) war aber nur bei letzterem eine signifikante Verbesserung zu finden. Studien an 12 Patienten/innen pro Gruppe tragen nichts zur Bewertung eines umstrittenen Wirkungsprinzips bei.

Zusammenfassung
Die vorliegenden klinischen Studien über die Behandlung der diabetischen Neuropathie mit α-Liponsäure haben zum Teil große methodische Mängel und ergeben widersprüchliche Resultate. Die größte und methodisch akzeptable Studie konnte für eine Therapie mit i.v. α-Liponsäure für 3 Wochen gefolgt von einer oralen Therapie für 6 Monate keine positive Wirkung dieser Substanz belegen. Es erscheint unwahrscheinlich, dass eine derzeit laufende größere Studie für diese Substanz klinisch relevante Effekte finden kann. Derzeit erscheint auf jeden Fall eine Therapie mit α-Liponsäure unzureichend belegt.
Der schöne Name Aladin für die oben zitierten Studien könnte so zu verstehen sein, dass die "Wunderlampe" Aladins mangelnde Wirkungen auffallend beleuchtet, aber nicht den Wunsch auf eine effektive Therapie erfüllt.

Literatur:
(1) Diabetologia 38,1925,1995
(2) Free Rad Res 31,171,1999
(3) Diabetes Care 22,1296,1999
(4) Diabetic Medicine 16,1040,1999

 

P.b.b. Erscheinungsort Verlagspostamt 1010 Wien

Montag, 2. August 2001

Pharmainformation

Kontakt:

em.Univ.Prof.Dr.
Hans Winkler 

Tel.: +43 (0)512/9003-71200
Fax: +43 (0)512/9003-73200  

E-Mail: hans.winkler@i-med.ac.at

Peter-Mayr-Straße 1a
A-6020 Innbruck

Sie finden uns hier.

Kontakt:

em.Univ.Prof.Dr.
Hans Winkler 

Tel.: +43 (0)512/9003-71200
Fax: +43 (0)512/9003-73200  

E-Mail: hans.winkler@i-med.ac.at

Peter-Mayr-Straße 1a
A-6020 Innbruck

Sie finden uns hier.