Inhalt
- Hormonsubstitution im Klimakterium
- Neu registriert: Halofantrin (Halfan)
- In Kürze: Myoinositol
- Acarbose (Glucobay)
Hormonsubstitution im Klimakterium: Nutzen und Risiko
C. Marth, M. Tabarelli, O. Dapunt (Frauenheilkunde)
Im Leben der Frau stellt das Klimakterium eine 12 bis 20 Jahre währende Phase zwischen der Geschlechtsreife und dem Senium dar. In dieser Zeit tritt die letzte Menstruationsblutung, die sogenannte Menopause, auf. Ein Zeitraum von etwa 4 bis 5 Jahren vor der Menopause gilt als Prämenopause, in der es zunehmend häufiger zu Follikelreifungsstörungen mit Anovulation oder verspäteten Ovulationen mit einer Gelbkörperinsuffizienz kommt.
Diese Störungen führen zu Zwischenblutungen oder Dauerblutungen. Gleichzeitig treten oft vegetative Störungen mit Stimmungsveränderungen, Depressionen, Dysphorie, Reizbarkeit, Vergeßlichkeit, Energieverlust, verminderter Belastbarkeit, Schlafstörungen, Veränderung der Sexulalität, funktionellen Beckenschmerzen, Wallungen, Schweißausbrüchen, Kreislaufinstabilität, Parästhesien und Palpitationen auf. Bei länger andauerndem Östrogenmangel kann es zu trophischen Störungen, insbesondere zu einer Atrophie im Bereich des Urogenitaltraktes mit Entwicklung einer Kolpitis, Urethritis und in der Folge zu einer Form der Harninkontinenz kommen. Weiters beklagen die Frauen eine Zunahme der Fehlsichtigkeit, Gelenksbeschwerden im Sinne von Arthralgien, Periarthralgien und Myalgien sowie Veränderung des Haarbildes im Sinne eines Effluvium oder Hirsutismus. Gelegentlich wurden zu viele Beschwerden auf den "Esel des Klimakteriums" gepackt, andererseits Symptome erst nach langen diagnostischen Irrwegen als klimakterisch erkannt. Dies gilt insbesondere für die häufigen (etwa 60% der Frauen im Klimakterium) und sehr charakteristischen funktionellen Becken- und Kreuzschmerzen (vegetative Pelvipathie).
Ein länger bestehender Östrogenmangel führt zu einer erniedrigten Knochenmasse mit Zerstörung der Mikroarchitektur des Knochengewebes, der Osteoporose. Daraus resultiert ein erhöhtes Frakturrisiko, wobei als Prädilektionsstellen der Oberschenkelhals, der distale Femur und die Wirbelkörper gelten. Ein bisher vernachlässigter Aspekt des Klimakteriums ist die durch den Östrogenmangel gesteigerte Inzidenz kardiovaskulärer Erkrankungen. Während der fruchtbaren Lebensphase ist die Frau dank dieser Sexualsteroide gegenüber dem Mann mit einer niedrigeren Rate an Myokardinfarkten privilegiert. In der Postmenopause steigt die Inzidenz jedoch dramatisch an und nähert sich jener des Mannes.
Es liegt daher nahe, diese Vielfalt an Beschwerden, die mit großem Leidensdruck und beträchtlicher Morbidität und Mortalität einhergehen, durch eine Hormonsubstitution kausal zu behandeln.
Risiko/Nutzen-Abwägung der Hormonsubstitution
Prämenopause: Die für die Prämenopause typischen Beschwerden können bei der Mehrzahl der Patientinnen durch orale Gabe einer zyklisch aufgebauten Östrogen-Gestagen-Kombination (Cyclacur oder Trisequens: das letztere allerdings unnotwendigerweise mit Östriol kombiniert) behoben werden.
Psychische und vasovegetative Symptome: Sowohl die psychischen als auch vasovegetativen Symptome des Klimakteriums, die häufig bereits in der Prämenopause beginnen, können durch eine Östrogensubstitution wirksam (1) behoben werden (Erfolgsquote 70 bis 90%).
Osteoporose: Radiusfrakturen und Wirbelkörpereinbrüche führen nicht selten zu einer absoluten Pflegebedürftigkeit der Patientinnen. Die höchste Komplikationsrate weisen die Oberschenkelhalsfrakturen auf, deren Folgen bei 10 bis 15 Prozent der Patientinnen zum Tode führen. Durch eine adäquate Hormonsubstitution können mehr als 60% dieser Frakturen verhindert werden (2-4).
Christiansen und Mitarbeiter konnten überzeugend dokumentieren, daß durch eine Langzeitsubstitution der Mineralgehalt der Knochen über Jahre stabil gehalten werden kann (5). Ein Abbruch der Behandlung führt zu neuerlichem Verlust des Knochenmineralsgehaltes. Damit stellt die Östrogensubstitution die einzig gesicherte Prophylaxe der Osteoporose dar.
Trophische Störungen: In der späten Postmenopause sowie im Senium kommt es nicht selten infolge des persistierenden Östrogenmangels zu trophischen Störungen, vor allem am Urogenitaltrakt. Bei diesen Erscheinungen zeigen sowohl systemisch als auch lokal verabreichte Östrogenpräparate eine hohe Effektivität (Besserung oder Beseitigung der Beschwerden bei 80 bis 90% der Patientinnen:6)
Kardiovasculäre Erkrankungen:Im Gegensatz zu Gabe von relativ hohen Östrogendosen zur Antikonzeption mit der Folge des erhöhten Thromboserisikos, schützen die im Klimakterium verabreichten Östrogene vor kardiovasculären Erkrankungen (7-9). Eine rezente Untersuchung von Stampfer und Mitarbeitern (10), bei der fast 50.000 Krankenschwestern bis zu 10 Jahre nach der Menopause beobachtet wurden, konnte überzeugend die Schutzfunktion der Östrogentherapie im Klimakterium belegen. Nach Korrekturen des Faktors Alter und anderer Risikofaktoren wurde bewiesen, daß das relative Risiko, kardiovasculär zu erkranken, auf etwa 50% reduziert werden kann. Das relative Risiko, an einem Myokardinfarkt zu versterben, betrug für Frauen unter laufender Östrogensubstitution bzw. für Frauen, die vormals substituiert worden waren, 52 bzw. 77% der Kontrollgruppe. Im Sinn einer Risiko-Nutzen-Abwägung wurde von den Autoren auch die Gesamtmortalität berechnet, die für die Frauen während oder nach Östrogensubstitution 89% der Kontrollgruppe betrug. Damit konnte durch die Östrogensubstitution erstmals einesignifikante Lebensverlängerung nachgewiesen werden. Es muß in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, daß die meisten Patientinnen konjungierte Östrogene ohne gleichzeitige oder intermittierende Gabe von Gestagenen eingenommen haben. Diese Untersuchung kann also einen möglichen nachteiligen Effekt der zusätzlichen Gestagentherapie nicht ausschießen.
Obwohl die meisten Untersuchungen bisher einen günstigen Effekt der Östrogensubstitution auf die kardiovasculären Erkrankungen nachgewiesen hatten, beschrieben Wilson und Mitarbeiter von der Framingham-Studie das Gegenteil (11). Diese Auswertung wurde jedoch aufgrund statistischer Mängel stark angegriffen. Eine neuerliche Analyse unter Berücksichtigung kritischer Inklusionskriterien und genauerer Dokumentation der Östrogenmedikation konnte schließlich auch für diese Population die Schutzwirkung der Östrogene bestätigen (12).
Im Gegensatz zum Myokardinfarkt wird bezüglich apoplektischer Insulte die Wirkung der Hormonsubstitution noch kontroversiell diskutiert, insbesondere die Untersuchung von Stampfer und Mitarbeitern (10) konnte keinen signifikanten Effekt nachweisen.
Endometriumkarzinom: Die Hormonsubstitution im Klimakterium mit ausschließlicher Gabe von Östrogenen ohne Zusatz von Gestagenen ist aufgrund der beobachteten gesteigerten Inzidenz an Endometriumkarzinomen in Verruf gekommen. Es wurde über eine 1,4- bis 15fache Steigerung des relativen Risikos, an einem Endometriumkarzinom zu erkranken, berichtet. Diese Risikosteigerung wurde selbst für relativ niedrige Dosen an Östrogenen, die über längere Zeit eingenommen wurden, beobachtet und blieb viele Jahre nach Abstetzen der Therapie bestehen (13). Die Therapie mit Östrogenen allein führt bei etwa 30% der Patientinnen zu einer Hyperplasie des Endometriums, welche der Nährboden für das Entstehen des Endometriumkarzinoms sein soll. Durch Zugabe eines Gestagens über mindestens 12 Tage pro Monat kann diese Hyperplasie verhindert werden, was in der Folge auch zu einem beträchtlichen Schutzeffekt vor einem Endometriumkarzinom führt. So hat Gambrall in einer 9jährigen prospektiven Untersuchung beobachten können, daß die Östrogensubstitution alleine zu einem 1,6fach höheren Endometriumkarzinom-Risiko führt, während die Kombination mit einem Gestagen die normale Inzidenz auf ein Fünftel reduziert (14).
Mammakarzinom: Für das Mammakarzinom ist im Gegensatz zum Endometriumkarzinom die Bedeutung der Hormonsubstitution noch nicht definitiv geklärt, da sowohl eine Schutzwirkung als auch eine Zunahme der Inzidenz beschrieben wurde. In einer großen Meta-Analyse wurde für die Hormonsubstitution eine 1,3fache Steigerung des Risikos, an einem Mammakarzinom zu erkranken, beschrieben (15). Diese Ergebnisse stammen aus epidemiologischen Untersuchungen, bei denen nicht ausgeschlossen werden kann, daß Frauen mit Hormonsubstitution aufgrund häufigerer ärztlicher Untersuchungen ein besseres Screening mit häufigeren Mammographien bekommen, was in Folge zu einer früheren Diagnostik eines Karzinoms führen könnte. Welche Rolle die Gestagene für eine eventuelle Induktion des Mammakarzinoms spielen, bleibt weiterhin ungeklärt. Bergkvist und Mitarbeiter beobachteten eine 4,4fache Steigerung des Risikos, an einem Mammakarzinom zu erkranken, wenn Frauen kombiniert Östrogen plus Gestagen erhielten (16). Die Anzahl der Patientinnen in dieser Untersuchung war jedoch für diese Behauptung zu klein, und die Ergebnisse konnten statistisch nicht belegt werden.
Präparate für die Hormonmedikation
1. Östrogene
1.1 Mikronisierte natürliche Östrogene. In diese Gruppe fallen vor allem die Östriolpräparate (z. B. Ovestin, Östriol Merck). Östriol selbst ist ein relativ schwaches Östrogen, das aufgrund unseres heutigen Wissensstandes nicht ausreicht, das Osteoporose- oder kardiovaskuläre Risiko zu reduzieren. Aus diesem Grund ist für die Östriolpräparate - mit Ausnahme der topischen Applikation als Creme oder Ovula (Ortho-Gynest, Ovestin-Creme, -Ovula) bei einer atrophen Kolpitis - kaum eine Indikation gegeben. Mikronisiertes Östradiol allein ist derzeit in Österreich noch nicht erhältlich. Angeboten wird eine Kombination von Östradiol und Östriol (Estrofem), die aufgrund der Beigabe des Östriols wenig zweckmäßig erscheint. Als Alternative zur Mikronisierung können Östrogene auch als Ester enteral resorbiert werden (Progynova Dragee, Progynon Depot). Der Ester wird abgespalten und dadurch das biologisch wirksame Östradiol verfügbar. Mit Einschränkung bei Depot-Präparaten (s. u.) scheint der Östradiolester eine sinnvolle Möglichkeit der Hormonsubstitution darzustellen.
1.2 Konjungierte natürliche Östrogene. Diese werden aus dem Harn von schwangeren Stuten gewonnen. Weltweit wurden mit konjungierten Östrogenen die weitaus größten Erfahrungen gesammelt, auch ist das Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil für diese Substanzklasse am besten charakterisiert. Ein gewisser Nachteil besteht darin, daß die Präparate keine genau definierte Zusammensetzung besitzen und überdies Östrogene wie z. B. das Equilin enthalten, welche beim Menschen nicht vorkommen. In Österreich sind Premarin, Oestro-Feminal und Conjugen zugelassen. Das Letztgenannte enthält eine Kombination von natürlichen konjugierten Östrogenen mit Estronsulfat. Diese Kombination scheint nicht zweckmäßig, da das Estronsulfat wiederum ein relativ schwaches Östrogen darstellt, das im wesentlichen nur über den enterohepatischen Kreislauf die Leber belastet und wenig Positives zur Substitutionstherapie beiträgt.
1.3 Transdermale Östrogenapplikation. Hiebei wird ausgenützt, daß das Östradiol ganz ausgezeichnet durch die Haut resorbiert werden kann. Auf diese Weise umgeht man die ausgeprägte Metabolisierung bei der Leberpassage, da das derart applizierte Steroid direkt an die Zielorgane verteilt wird. Die sogenannten "Östrogenpflaster" (Estraderm TTS) wurden bereits in der Pharmainfo 4, 1, 1989 behandelt und stellen eine gute Möglichkeit der Östrogensubstitution dar. Der Nachteil ist die fehlende Gestagenkomponente, weshalb bei kombinierter Therapie die Patientin einerseits Pflaster kleben und andererseits weiterhin Tabletten schlucken muß. Ein Weglassen der Tabletten würde das Endometriumkarzinomrisiko erhöhen. Die Industrie wird jedoch in nächster Zeit auch kombinierte Pflaster zur Verfügung stellen, die diesen Nachteil der Applikationsform eliminieren müßten.
2. Gestagene
Bei den Gestagenen müssen wir im wesentlichen zwischen zwei großen Gruppen unterscheiden: den 17-alpha-Hydroxyprogesteron- und den 19-Nortestosteron-Derivaten. Während im europäischen Raum traditionsgemäß Progesteron-Derivate bevorzugt werden, die weniger negative Effekte auf den Lipidhaushalt ausüben, werden im angloamerikanschen Bereich vor allem die Testosteron-Derivate eingesetzt. Von den ersteren sind das Medrogeston (Colpron) und das Dydrogesteron (Duphaston) zu erwähnen. Testosteron-Abkömmlige kommen vor allem in Depotpräparaten als Norethisteronacetat oder Norgestrel vor. Weiters werden diese Gestagene in den Zweiphasenpräparaten zur Therapie jener perimenopausalen Störungen (z. B. Zyklusstörungen und erste klimakterische Symptome) eingesetzt, bei denen die Kombination von Estradiolvalerianat mit Norgestrel (Cyclacur) sowie Östradiol-Östriol plus Norethisteronacetat (Trisequens) Verwendung finden. Diese zyklisch verabreichten Substanzen enthalten genügend biologisch aktives Östrogen, um neben den psychischen und vegetativen Symptomen vor allem auch eine wirksame Osteoporose-Prophylaxe auszuüben. Es stellt sich natürlich die Frage, zu der es noch keine endgültige Antwort gibt, ob die Beigabe des Gestagens den günstigen Einfluß der Östrogene auf die kardiovasculären Erkrankungen wieder aufhebt.
Depotpräparate
Diese bestehen aus Kombinationen eines Östrogens mit einem Androgenester (Gynodian, Primodian), oder aus Östriol (Triodurin) bzw. Östradiolestern (Progynon Depot). Aufgrund der raschen Anflutung der Steroide mit androgener Wirkung sind Depotpräparate geeignet, vegetative Symptome rasch zu beheben; sie haben allerdings den Nachteil, daß ihre Wirkung bei allfälligen Nebeneffekten nicht aufgehoben werden kann und, daß zudem die Depotwirkung nicht kontrollierbar ist. Ein weiterer Nachteil besteht in der doch z. T. ausgeprägten androgenen Nebenwirkung dieser Substanzen. Aus diesem Grund bleibt als Indikation für diese Depotpräparate im wesentlichen nur die rasche Aufhellung starker depressiver Symptome. Eine länger dauernde Substitutionstherapie mit diesen Präparaten sollte daher vermieden werden. Da die starke Hemmung der vegetativen Zentren im Hypothalamus nach Absetzen dieser Substanzen zu einer vegetativen Entzügelung mit heftigem Wiederauftreten der Beschwerden führt, kann eine starke Bindung an die Injektionen beobachtet werden, die als Form einer "Süchtigkeit" angesehen wurde.
Kontraindikation
Neben den am Anfang eingehend besprochenen Indikationen bleiben noch die Kontraindikationen der Hormonmedikation zu besprechen. Im Gegensatz zu den im Beipackzettel angeführten zahlreichen Krankheitsbildern bleibt eigentlich bei strenger Betrachtungsweise nur eine kleine Gruppe absoluter Kontraindikationen übrig. Das sind im wesentlichen schwere Lebererkrankungen, die auch die Verabreichung anderer lebergängiger Medikamente kontraindizieren, sowie die frische Thromboembolie. Eine länger (über 6 Monate) zurückliegende Thromboembolie bedeutet keine Kontraindikation. Das Mamma- und Endometriumkarzinom sind als potentiell hormonabhängige Tumoren relative Kontraindikationen, wobei unter strenger Indikationsstellung auch bei diesen Krankheiten eine Substitution vor allem in der kombinierten Form Östrogen plus Gestagen durchgeführt werden kann. Als relative Kontraindikationen sollten gutartige hormonabhängige Krankheiten wie Endometriose und Myome erwähnt werden.
Zusammenfassung und Therapieempfehlung (Risiko/Nutzenabwägung)
Will man nun all die bisher beschriebenen Untersuchungen zusammenfassen, so fällt es nicht leicht, eine klare Ausage für die Substitutionstherapie im Klimakterium und in der Postmenopause zu treffen. Einerseits sind die günstigen Effekte auf den Lipidstoffwechsel, die Psyche und die Osteoporose zu nennen, die jedoch nur für die Monotherapie mit Östrogen, und hier vor allem für die konjugierten Östrogene, belegt sind. Auf der anderen Seite steht hiezu ein erhöhtes Risiko, an einem Endometrium- oder Mammakarzinom zu erkranken. Welche praktische Vorgangsweise trägt beiden Aspekten Rechnung? Am einfachsten fällt die Empfehlung für die Patientin nach Hysterektomie aus. Bei diesen Frauen fällt die Gefahr eines Endometriumkarzinoms weg, so daß ohne Bedenken ausschließlich und kontinuierlich (ohne Pause) Östrogene verabreicht werden können. Um einen ausreichenden Effekt zu erlangen, sollten 0,625 mg konjugierte Östrogene oder äquivalent dazu 2 mg Östradiol (-ester) bzw. 100mg Östradiol transdermal appliziert werden. Für das wenig zweckmäßige Östriol kann keine praktikable Äquivalenzdosis angegeben werden.
Bei den Patientinnen mit Uterus - dies ist die häufigste Ausgangssituation - muß das Risiko, durch die Monotherapie ein Endometriumkarzinom auszulösen, gegen den möglichen nachteiligen Effekt der Kombination mit einem Gestagen auf den Lipidstoffwechsel und das kardiovaskuäre System abgewogen werden. Mangels suffizienter prospektiver Studien kann derzeit keine eindeutige Stellungnahme abgegeben werden. Aufgrund der gestagenvermittelten Schutzwirkung für das Endometriumkarzinom empfehlen jedoch die meisten europäischen endokrinologischen Gesellschaften die kombinierte Gabe Östrogen-Gestagen. Dies kann prinzipiell auf zwei Arten verwirklicht werden: zum einen durch eine zyklische Gabe eines Östrogens, vom 1. bis 25. eines jeden Monats (Äquivalenzdosis siehe oben), kombiniert mit einem Gestagen (z. B. Medrogeston oder Dydrogesteron) vom 14. bis 25. jeden Monats, wobei in der 5- bis 6tägigen Pause bei etwa 50% der Patientinnen eine Abbruchblutung ausgelöst wird. Die zweite Möglichkeit besteht in einer kontinuierlichen Gabe einer Östrogen/Gestagenkombination, entweder als fixes Kombinationspräparat (z. B. mikronisiertes Östradiol plus Norethisteron: Kliogest) oder gleichzeitige Verabreichung eines konjugierten Östrogens mit einem Gestagen. Auf diese Weise werden zwar in den ersten Monaten in der Regel leichte Durchblutungsstörungen ausgelöst, in weiterer Folge wird jedoch durch Atrophie des Endometriums eine vollständige Blutungsfreiheit ereicht. Bei der Patientin in der Prämenopause, die neben dem klimakterischen Syndrom vor allem die Zyklusirregularität beklagt, steht die Regulation letzterer im Vordergrund. Es ist bei diesen Patientinnen eine zyklische Gabe eines 2- bis 3-Phasen-Östrogen/Gestagenpräparates zu empfehlen.
Obwohl bisher leider kein definitives Urteil über die Hormonmedikation im Klimakterium getroffen werden kann, so ist sich doch der Großteil der Untersucher darüber einig, daß die Vorteile bei weitem die Nachteile aufwiegen. Klimakterische Beschwerden sind also im wesentlichen Folgen des Hormonausfalles und sollten daher nicht so sehr als physiologischer Alterungsprozeß, sondern als behandelbares endokrines Geschehen angesehen werden. Mit Sicherheit sollten daher Patientinnen eine Substitution bekommen, die belastende Beschwerden haben.
Zusätzlich sollten Patientinnen mit erhöhtem Osteoporoserisiko (frühe Menopause, positive Familienanamnese, schlanker und großer Körperwuchs, mangelnde Körperbewegung) für eine Therapie in Erwägung gezogen werden. Inwieweit in Zukunft eine generelle Substitution zur Reduktion des Kreislaufrisikos empfohlen werden wird, ist derzeit noch nicht abzusehen (17).
Für eine Substitutionstherapie zur Behebung von subjektiven Symptomen ist eine Therapiedauer von 2 Jahren zweckmäßig, zur Osteoporoseprophylaxe eine solche von zumindest 10 Jahren.
Literatur:
(1) Hauser G. A. In Menopause - Hormonsubstitution heute, herausgegeben von C. Lauritzen 1990:46
(2) NEJM 1980, 303, 1195
(3) Ann. Intern. med. 1981, 95, 28
(4) Amer. J. Public Health 1988, 79, 274
(5) Lancet 1981, 1, 459
(6) Dtsch. Ärztebl. 1975, 9, 575
(7) Circulatin 1987, 75, 508
(8) NEJM 1987, 316, 1105
(9) Obstet. Gynec. 1987, 70, 289
(10) NEJM 1191, 325, 756
(11) NEJM 1985, 313, 1038
(12) Eacker E. D. In Coronary heart disease in woman. N. Y. Heymarket DOYMA 1987, 122
(13) Drugs 1990, 39, 203
(14) Maturitas 1986, 8, 159
(15) JAMA 1991, 265, 1985
(16) NEJM 1989, 321, 293
(17) NEJM 325, 800, 1991
Halofantrin (Halfan)
E. Schmutzhard, Neurologie
Die Malaria stellt weltweit die bedeutendste Infektionskrankheit dar. Schätzungen gehen davon aus, daß in jedem Jahr bis zu 500 Mio. Menschen von diese potentiell lebensbedrohlichen Indektionskranheit betroffen werden. Die jährlich etwa 2 Mil. Todesopfer gehen fast ausschließlich auf das Konto der durch Plasmodium falciparum hervorgerufenen Malaria tropica (1). Angesichts der Tatsache, daß die ambitionierten WHO-Eradikationsprogramme der Malaria enttäuscht haben, eine Malaria-Vakzine noch in weiter Ferne ist und in zunehmendem Maße Erregerresistenzen gegen die herkömmlichen Antimalaria-Substanzen (2) beobachtet werden, kommt der Entwicklung neuer Medikamente mit hoher Wirksamkeit gegen Plasmodium falciparum große Bedeutung zu. Halofantrin-Hydrochlorid ist ein Phenanthren-aminoalkohol-Abkömmling. Damit unterscheidet sich Halofantrin prinzipiell in seinem Aufbau von den anderen Antimalariasubstanzen. Sowohl Chinin als auch neuere Präparate ähneln sich als Aminochiloninderivate strukturell (3). Da gerade der Chinolin-Ring mit der Antimalaria-Wirksamkeit assoziiert wird, scheint die Gefahr von echten Kreuzresistenzen mit Halofantrin eher gering, der Wirkmechanismus, insbesondere präzise Details des pharmakologischen Angriffspunktes von Halfan, ist noch nicht eindeutig entschlüsselt. Es gibt jedoch Hinweise, daß Halofantrin an der Protonen-Pumpe der Erreger angreift. Durch Halofantrin werden ungeschlechtliche Blutformen (Trophozoiten, Schizonten) der Malaria-Plasmodien abgetötet. Es ist unwirksam gegen Schizonten in der Leber (=extra-erythrozytäre, hepatische Schizonten) oder gegen Sporozoiten und Gametozyten (4, 5).
Die Eliminatinoshalbwertszeit des Halofantrins beträgt 24 bis 28 Stunden, die seines Metaboliten N-Desbutyl-Halofantrin, der ebenfalls wirksam ist, ist zirka doppelt so groß. Die Ausscheidung erfolgt überwiegend über die Faeces (6). Die Resorption des Halofantrin nach oraler Gabe erfolgt langsam über mehrere Stunden und unterliegt großen inter- und intraindividuellen Schwankungen. Gaben von Einzeldosen über 500 mg führten nicht zu weiteren nennenswerten Plasmaspiegelanstiegen (6). Wird Halofantrin 2 Stunden nach einer fettreichen Mahlzeit gegeben, erhöht sich die Bioverfügbarkeit deutlich (max. Konzentration (Cmax): 6fach, relative Bioverfügbarkeit (area under the curve = AUC: 3fach höher); 1 Stunde nach einer kohlehydratreichen Kost gegeben, sinkt die Bioverfügbarkeit dagegen um das 1,3- bis 1,8fache ab (7). Die Einnahme sollte daher möglichst nach einer Mahlzeit mit Fettgehalt erfolgen. Bisher durchgeführte sicherheitspharmakologische Untersuchungen am Menschen haben gezeigt, daß Halfan in der angewendeten Dosierung das Blutsystem, die Herzfunktion, das autonome Nervensystem und die Atemwegsfunktion nicht beeinflußt. Obwohl in hohen Dosen in Tierstudien ein Einfluß auf das Immunsystem gefunden wurde, wurden derartige Effekte beim Menschen bis jetzt noch nicht beobachtet.
Beim Menschen wurden folgende Nebenwirkungen bisher in klinischen Studien beobachtet:
Übelkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Leibschmerzen, Durchfall, vorübergehende Hautreaktionen wie z. B. Rötung, Jucken mit oder ohne Ausschlag, ein reversibler Anstieg von Transaminasen im Serum wurde beobachtet (8). Aufgrund der Stubstanzklasse und tierexperimenteller Untersuchungen erscheint eine Photosensibilisierung durch Halofantrin möglich; aus der bisherigen Erfahrung am Menschen liegen hierzu aber keine Hinweise vor (8). Weschselwirkungen mit anderen Antimalaria-Mittel oder mit fiebersenkenden Mitteln, z. B. Acetyl-Salicylsäure oder Paracetamol, wurden bisher nicht beobachtet. Da ein Einfluß von Antazida und H2-Rezeptor-Antagonisten (z. B. Cimetidin, Ranitidin, Famotidin) auf die Bioverfügbarkeit von Halofantrin möglich erscheint, ist die gleichzeitige Gabe von Halofantrin mit diesen Arzneimitteln nicht empfehlenswert.
Anwendungsgebiet:
Halfan wird zur Behandlung insbesondere der Malaria tropica (Erreger: Plasmodium falciparum) empfohlen. Die bisherigen klinischen Erfahrungen lassen vermuten, daß Halfan auch bei Resistenz der Erreger gegen andere Antimalariamittel wirksam ist. Eine Gabe ist daher indiziert, wenn bei gesicherter Diagnose die Erreger sich als resistent gegen andere Malariamittel erweisen, d. h. trotz spezifischer Therapie keine klinische und parasitologische Heilung eintritt.
Im Verdachtsfall: Eine Sofortbehandlung ist angezeigt, wenn - bei adäquater Prophylaxe von 8. Tag (Mindestdauer vom Zeitpunkt des infektiösen Mückenstichs bis zum Ausbruch der Symptome) an - nach der Einreise in bestimmte Malaria-Endemie-Gebiete (wird laufend von der WHO und von der Österreichischen Gesellschaft für Tropenmedizin und Parasitologie neu definiert) der Verdacht auf eine Malariainfektion (Fieber, Schüttelfrost und/oder Gelenksschmerzen) besteht und die umgehende Diagnose durch einen Arzt nicht möglich ist. Zur exakten Diagnosestellung sollte jedoch schnellstmöglich ein Arzt oder ein Krankenhaus aufgesucht weden.
Es besteht keine wissenschaftlich begründete Notwendigkeit, Halfan bei Plasmodium vivax, Plasmodium malariae oder Plasmodium ovale einzusetzen. Bei diesen Formen müßte im Anschluß an eine Halfan-Therapie eine Behandlung mit einem 8-Aminochinolinderivat (z. B. Primaquim) erfolgen, um die hepatischen Formen des Erregers zu eliminieren.
Zusammenfassend:
Halofantrin (Halfan®) stellt eine wichtige Neuentwicklung im Bereich der Antimalariamittel dar, insbesondere um multiresistente Malariaerreger (Plasmodium falciparum als Erreger der Malaria tropica) beeinflussen zu können. Die Substanz wird ausschließlich als Therapeutikum und nicht als Prophylaktikum empfohlen.
Literatur:
(1) MMW 132, 542, 1990
(2) Lancet 2, 1304, 1974
(3) Bull. WHO 50, 203, 1974
(4) Ann. Trop. Med. Parasitol. 78, 13, 1984
(5) Ann. Trop. Med. Parasitol. 81, 65, 1987
(6) Parasitol. Today, suppl. 15, 1989
(7) Br. J. Clin. Pharmac. 28, 71, 1989
(8) Parasitol. Today, suppl. 3, 1989
(9) Interim Report N. 29, US Army Med. Res. and Development Command, Nr. DAMD-17-18-C, 1138
In Kürze: Myoinositol
Bekanntmachung des Deutschen Bundesgesundheitsamtes (BGA)
Wir haben mehrmals aus den Aufbereitungsmonographien des Deutschen BGA zitiert. Diese Monographien enthalten wohlfundierte wissenschaftliche Aussagen über Wirksubstanzen, bedeuten allerdings noch nicht, daß diese Substanzen bei negativer Bewertung zwingend vom Markt genommen werden. Die Firmen könen bei Vorliegen neuer Unterlagen auf diese Endentscheidung noch Einfluß nehmen.
Für Myoinositol (BGA: 14. Feb. 1992) wird festgestellt: Eine Indikation zur Therapie mit Myoinositol besteht bei keinem der beanspruchten Anwendungsgebiete. In Österreich ist diese Substanz in Aslavital enthalten, über dessen Hauptkomponente Procain mit nicht belegter Wirksamkeit als Geriatrikum wir bereits ausführlich berichtet haben (Pharmainfo VI/ 2/1991).
Inositol ist auch in Lemazol (plus Vitamin C, Kaliumorotat) enthalten, das bei Lebererkrankungen indiziert sein soll. Laut BGA ist Inositol dazu nicht geeignet.
Nachtrag: Acarbose (Glucobay)
Wir haben vor kurzem (Pharmainfo VI/4/1991) für dieses Medikament festgestellt, daß es nur bei "einem Teil der Diabetiker schwach wirksam ist und daß es bei einem noch größeren Teil Nebenwirkungen auslöst". Wie es für neuzugelassene Substanzen typisch ist, werden nun zusätzliche Nebenwirkungen bekannt. Unter Acarbose kann es lt. Deutschem Bundesgesundheitsamt zu einem Aktivitätsanstieg einzelner oder mehrerer Leberenzyme kommen (DAZ 132, 82, 1992). Nach Absetzen der Substanz normalisieren sich die Werte wieder, in zwei Fällen stiegen sie nach Reexposition wieder.
P.b.b. Erscheinungsort Verlagspostamt 1010 Wien
Montag, 2. Dezember 1996
Pharmainformation
Kontakt:
em.Univ.Prof.Dr.
Hans Winkler
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Fax: +43 (0)512/9003-73200
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