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Welche Therapie mit Magnesiumsalzen ist als wirksam belegt?
Magnesiumsalze werden für die vielfältigsten Indikationen angepriesen. Im folgenden sei eine kritische Analyse dieser Indikationen präsentiert. Verschiedenste klinische Zustände werden auf Magnesiummangel zurückgeführt. Solche epidemiologischen Korrelationen sind aber oft irreführend und nur die kontrollierte, prospektive klinische Studie kann beweisen, dass eine Magnesiumzufuhr bei einem bestimmten Krankheitsbild eine positive Wirkung hat.
Herz-Kreislauferkrankungen
Akuter Myokardinfarkt:
Magnesium kann systemische und koronare Vasodilatation erzeugen, wirkt antithrombotisch und schützt die Myokardzellen vor Kalziumüberladung bei der Ischämie-Reperfusions-Schädigung. Eine Magnesiuminfusion zur Reduktion von Morbidität und Mortalität des akuten Myokardinfarkts wurde daher in mehreren Studien untersucht.
In einer ersten Metaanalyse von sieben randomisierten, kontrollierten Studien aus den Jahren 1984 bis 1991 wurde für Magnesium beim akuten Myokardinfarkt eine signifikante Mortalitätsreduktion errechnet (1). Die Mortalitätsreduktion mit intravenösem Magnesium wurde im Second Leicester Intravenous Magnesium Intervention Trial (LIMIT-2) bestätigt (2), insbesondere dann, wenn keine Thrombolyse-Therapie erfolgte (3). Die Ergebnisse der großen ISIS-4 Studie (4) an mehr als 58000 Patienten/innen widersprachen jedoch diesen Daten: Magnesium war ohne Vorteil geblieben, auch wenn keine Thrombolyse-Therapie durchgeführt wurde (4). Dieses im Vergleich zu den vorherigen Berichten überraschende, negative Ergebnis der ISIS-4 Studie war Anlass für zahlreiche Diskussionen (5). Um die offenen Fragen endgültig beantworten zu können, wurde eine weitere kontrollierte Studie an 6000 Patienten/innen mit akutem Myokardinfarkt durchgeführt (Magnesium in Coronary Disease [MAGIC]; 6): Magnesium blieb auch bei frühzeitiger intravenöser Gabe, mit und ohne Reperfusionsmaßnahme, ohne günstigen Effekt (7). Beim akuten Myokardinfarkt ist daher eine generelle Magnesiumtherapie nicht indiziert. Die Korrektur eines Defizits an Magnesium (und Kalium) kann bei jenen Patienten/innen nützlich sein, die vor dem Myokardinfarkt mit Diuretika behandelt wurden oder eine Torsades de Pointes Tachykardie mit verlängertem QT-Intervall entwickeln.
Angina pectoris:
Epidemiologische Untersuchungen beschrieben einen unabhängigen, inversen Zusammenhang zwischen der Höhe des Plasma-Magnesiumspiegels und dem Risiko für das Auftreten einer koronaren Herzkrankheit (8). Ein niedriger Magnesiumspiegel könnte somit das Risiko für Atherosklerose oder Thrombose erhöhen. Magnesiumtherapie wurde daher in Studien mit durchwegs kleinen Fallzahlen bei vasospastischer und stabiler Angina pectoris geprüft (9-14). Systematische Untersuchungen, welche an Patienten/innenkollektiven mit ausreichenden Fallzahlen durchgeführt werden, fehlen aber. Daher ist auch nach den aktuellen Leitlinien 2002 von ACC/AHA (American College of Cardiology/American Heart Association) für die Behandlung von Patienten/innen mit chronischer stabiler Angina pectoris weder die parenterale noch die orale Gabe von Magnesium alswirksames Therapieprinzip etabliert (www.acc.org).
Ähnliches gilt für Patienten/innen mit instabiler Angina pectoris: Redwood und Mitarbeiter untersuchten 62 Patienten/innen mit instabiler Angina pectoris und ischämischen EKG-Veränderungen, die innerhalb der ersten 12 Stunden nach stationärer Aufnahme zusätzlich zur Standardtherapie entweder eine 24-stündige Magnesiuminfusion (n=31) oder Placebo (n=31) erhielten (15). Ischämie-typische ST-Strecken-Veränderungen waren während der folgenden 48 Stunden in beiden Gruppen nicht unterschiedlich, wohl aber die Zahl pectanginöser Episoden (51 vs. 101). Auch waren der mittlere CK-MB Anstieg und die Katecholaminexkretion in den Urin in der Magnesiumgruppe geringer ausgeprägt. Von den Autoren dieser Studie geforderte Bestätigungsuntersuchungen an größeren Patienten/innenzahlen oder klinische Endpunktbeobachtungen liegen jedoch bis heute nicht vor. Magnesium ist folglich auch nicht als potentielles Therapeutikum in den im Jahr 2002 aktualisierten Leitlinien von ACC/AHA zur Behandlung von Patienten/innen mit instabiler Angina pectoris und akutem Myokardinfarkt ohne ST-Strecken-Hebung enthalten, weil bis dato ein klinisch relevanter Wirksamkeitsnachweis nicht existent ist (www.acc.org).
Ventrikuläre Arrhythmie:
Magnesium beeinflusst bei intravenöser Verabreichung das Reizleitungssystem des gesunden Herzens (16) und führt bei rascher intravenöser Gabe hoher Dosen zur Asystolie (17). Zehender und Mitarbeiter untersuchten in einer Placebo-kontrollierten Studie an 232 Patienten/innen mit ventrikulären Extraschlägen (>720 pro Tag) den Einfluss einer 50%-igen Anhebung der täglichen "diätetischen" Zufuhr von Magnesium und Kalium auf die Extrasystolie. Diese zusätzliche Gabe reduzierte das Auftreten asymptomatischer ventrikulärer Extraschläge signifikant stärker als Placebo; repetitive ventrikuläre (Salven) und supraventrikuläre Extraschläge wurden aber nicht signifikant unterdrückt (18). Asymptomatische ventrikuläre Extrasystolie kann mit intravenöser Magnesiumgabe auch bei Patienten/innen mit chronischer Herzinsuffizienz reduziert werden (19). In keiner der bisherigen Studien konnte jedoch gezeigt werden, dass mit Magnesium symptomatische - und damit klinisch relevante - Arrhythmien günstig beeinflusst werden (19).
Von klinischer Bedeutung ist die Unterdrückung der medikamentös-induzierten Torsades de Pointes Tachykardie (20). Die Wirksamkeit und Sicherheit von intravenösem Magnesium in der Terminierung der Torsades de Pointes Tachykardie wurde in vier Fallserien mit insgesamt 31 Patienten/innen belegt, wonach Magnesium in dieser Indikation als Mittel erster Wahl gilt (21).
Vorhofflimmern und chronische Herzinsuffizienz:
Nach Magnesiuminfusionen sind die Sinusknoten-Erholungszeit, die sinu-atriale Überleitung und die Atrioventrikularknoten-Refraktärperiode verlängert. Magnesiumsalze sind daher außer bei ventrikulärer Arrhythmie auch bei supraventrikulären Rhythmusstörungen eingesetzt worden. Aus wenigen Beobachtungen in kleinen Fallzahlen und mit unzureichendem Studiendesign konnte jedoch bislang keine Therapieempfehlung abgeleitet werden. In der umfangreichsten Zusammenstellung, den ACC/AHA Leitlinien zur Behandlung von Patienten/innen mit Vorhofflimmern, ist Magnesium als Therapeutikum nicht angeführt (22).
Auch in den aktuellen Richtlinien der ACC/AHA zur Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz des Erwachsenen ist kein therapeutischer Nutzen von Magnesium angegeben (23), von der Substitution bei einer dokumentierten Hypomagnesiämie nach Diuretikaeinnahme und in der Digitalistherapie bei der durch Magnesiummangel erhöhten Toxizität abgesehen.
Asthma Bronchiale
Magnesium wurde zur Behandlung des akuten Asthmaanfalls versucht. Eine Literaturübersicht (24) und eine Metaanalyse (25) kommen zu dem Schluss, dass diese Therapie keinen gesicherten positiven Effekt hat. Da aber nur kleine Studien durchgeführt wurden, ist auch dieses negative Ergebnis nicht sicher belegt (26).
Migräne
In einer Studie wurde mit i.v. Magnesium bei Patienten/innen im Migräneanfall ein schmerzlindernder Effekt gesehen, allerdings nur in einer Subgruppe (Patienten/innen mit Aura) und nur bei einem Teil der Zeitpunkte (27). Eine weitere Studie brachte sogar einen negativen Effekt, da die positive Wirkung von Metoclopramid durch Magnesium-Injektion (möglicherweise durch Vasodilatation im Kopfbereich) reduziert wurde (28).
Für die Migräneprophylaxe liegen zwei Studien vor: In einer Studie (29) wurde 5 mmol Magnesiumsalz über 12 Wochen verabreicht, wobei für keinen der gemessenen Parameter (wie Migränestunden pro Monat und Intensität der Attacken) irgendein Unterschied zwischen Placebo (n=34) und Magnesium (n=35) gefunden wurde. In einer zweiten Studie mit einer hohen Dosis (24 mmol Magnesium) wurden signifikante Unterschiede in der Frequenz der Attacken, aber nicht in ihrer Intensität gefunden (30). Nahezu jede/r 5. Patient/in in der Verumgruppe litt unter Diarrhoe.
Offensichtlich sind diese Daten widersprüchlich und rechtfertigen den Einsatz von Magnesium weder beim Migräneanfall noch zur Migräneprophylaxe, wo gut belegte Therapien (siehe Pharmainfo XII/4/1997) zur Verfügung stehen.
Nächtliche Wadenkrämpfe
Wadenkrämpfe sind ein vieldeutiges Symptom und gehören zuerst bezüglich einer Ursache (z.B. Polyneuropathie) abgeklärt. Für ätiologisch ungeklärte Krämpfe wird Magnesium als Therapie vielfach angewendet. Zwei Doppelblindstudien (n=17 bzw. n=45 für Verum) fanden einerseits ein völlig negatives Ergebnis für die Gabe von 900 mg Magnesiumcitrat (31), andererseits mit 300 mg (12 mmol) Magnesiumcitrat einen letztlich nicht signifikanten Trend zur Besserung für die Zahl, aber nicht für Schwere und Dauer von Krämpfen (32). Bei einer älteren Studie (33) an schwangeren Frauen (n=34) wurde nach der Gabe von 5 mmol Magnesium über 3 Wochen eine signifikante Verbesserung in der Zahl und der Intensität der nächtlichen Beinkrämpfe gesehen.
Möglicherweise hat Magnesium bei Beinkrämpfen schwangerer Frauen einen positiven Effekt, die Datenlage ist aber unzureichend. Ein diesbezüglicher Therapieversuch ist aber vertretbar, da ja auch keine anderen gut belegten Therapien zur Verfügung stehen. Bei Beinkrämpfen wurde auch Chinin empfohlen. Chinin darf in der Schwangerschaft nicht gegeben werden, zusätzlich ist dessen Wirkung bei Beinkrämpfen widersprüchlich belegt und die Nebenwirkungen mit Tinnitus, anaphylaktischen Reaktionen und lebensbedrohlichen Thrombozytopenien (34,34a) sprechen gegen eine Verwendung von Chinin (Limptar, zusammen mit Buphenin in Dilatol-Chinin) in dieser Indikation (siehe auch 34b).
Magnesium in der Schwangerschaft
Tokolyse:
Wir haben in der Pharmainfo XIII/3/1998 Studien zur Tokolyse analysiert. Die Datenlage war damals unbefriedigend, weil zwar verschiedene Substanzen (z.B. Betamimetika) wehenhemmend und auch etwas (Tage) verzögernd auf eine drohende Frühgeburt wirken, aber ein Vorteil für den Fötus nicht belegt worden war. Für Magnesium lagen damals erste Daten vor und man möchte meinen, dass 4 Jahre später eine definitive Antwort über das inzwischen in dieser Indikation viel verwendete Magnesium gegeben werden könnte. Magnesium hat sicherlich eine wehenhemmende Wirkung (z.B. 35), ob aber im Rahmen einer Tokolyse eine Schwangerschaftsverlängerung eintritt, ist unklar. In einem Review (36) des Jahres 1999 wurde zwar ein solcher Effekt für Betamimetika, Indometacin und Atosiban (Tractocile) als belegt angesehen, aber für Magnesium nicht. Ein kürzlich erschienener Review (37) kommt zum Schluß: "The question of efficacy is still present." Auch für eine weitere Gabe von Magnesium nach Behandlung einer akuten Phase liegen keine gesicherten Daten vor ("There is not enough evidence to show that magnesium therapy is effective": 38). Bezüglich des Risikos einer Magnesium-Tokolyse für den Fötus wurden sogar negative Resultate in einer Studie (39) gefunden: Höhere Magnesiumdosen (mehr als 48 g) waren mit einer gesteigerten (4,7fach) perinatalen Mortalität der Föten verbunden. Daraus ergibt sich ein Unsicherheitsfaktor. Es erscheint daher dringend notwendig, dass derzeit laufende Studien endlich die Nutzen/Risikoabwägung für das in der Tokolyse viel verwendete Magnesium klarstellen.
Präeklampsie und Eklampsie:
Magnesium hat einen etablierten Platz (40) als Antikonvulsivum in der Behandlung der Eklampsie. Literaturauswertungen (Cochrane Review) ergeben für Magnesium bessere Resultate (sowohl für Mutter, als auch Fötus) im Vergleich zu Diazepam (Gewacalm, Stesolid, Valium) und Phenytoin (40).
Magnesium wurde auch in der Präeklampsie eingesetzt (41). Eine kürzlich publizierte große Studie (n=5070 pro Gruppe) hat nun parenterales Magnesium bei Frauen mit Präeklampsie mit Placebo verglichen. Die Behandlung reduzierte die Entwicklung von eklamptischen Anfällen signifikant um die Hälfte, auch die mütterliche Mortalität war deutlich, allerdings nicht signifikant, vermindert.
Auf Grund dieser Daten kann die positive Wirkung von Magnesium bei Präeklampsie und Eklampsie als gegeben angesehen werden.
Generelle Magnesiumsubstitution:
Die Frage, ob eine routinemäßige Magnesiumzufuhr in der Schwangerschaft positive Effekte hat, ist schwer zu beantworten. Eine Übersicht über 7 Studien mit 2689 Frauen ergibt gewisse positive Effekte (weniger Frühgeburten, höheres Geburtsgewicht, weniger Hospitalisierungen der Frauen während der Schwangerschaft: 40). Da aber die Studien meist von schlechter Qualität waren, kommt der Autor zum Schluss,dass die Daten nicht ausreichen, um einen positiven Effekt als bewiesen anzusehen. Sicherlich kann man hier argumentieren, dass eine Zufuhr von Magnesium bei Schwangeren, bei denen ein Magnesiummangel oft wahrscheinlich oder nachweisbar ist, auch bei nicht sicher belegter positiver Wirkung vertretbar ist, da kein offensichtliches Risiko besteht.
Zusammenfassung
Bei Herz-Kreislauferkrankungen ist Magnesium nur zur Behandlung von Torsades de Pointes Tachykardien belegt wirksam.
In der Schwangerschaft liegen überzeugende positive Daten für die Präeklampsie und Eklampsie vor. Ein Nutzen von oralem Magnesium als routinemäßige Zufuhr in der Schwangerschaft ist nicht sicher belegt.
Bei Migräne und Asthma bronchiale hat Magnesium keine belegte Wirkung. Dies gilt auch für Beinkrämpfe, mangels einer anderen wirksamen Therapie (von Chinin: Limptar, Dilatol-Chinin ist abzuraten) ist bei dieser Indikation eine Gabe von Magnesium, vielleicht auch nur als Placebo, vertretbar.
Literatur:
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Antiemetika
Wir besprechen dieses Mal Antiemetika generell, in einer der folgenden Nummern Antiemetika in der Schwangerschaft.
Das Brechzentrum ist ein diffuses Netzwerk von Neuronen, das die Innervation der glatten Muskulatur und der Skelettmuskelgruppen, die für den Brechakt benötigt werden, koordiniert. Das Brechzentrum erhält stimulierende Impulse von höheren Hirnzentren wie dem Kortex und dem limbischen System (antizipatorisches Erbrechen), vom Vestibularapparat (Kinetosen), von der Chemorezeptortriggerzone (systemische Vergiftungen) und vom Nucleus tractus solitarii, wo afferente Reize von Chemorezeptoren der Mukosa des oberen Gastrointestinaltraktes und viszerosensible Fasern aus Mund, Rachen, Speiseröhre und Magen enden. An der Stimulierung des Brechaktes sind auf verschiedenen Ebenen eine Reihe von Neurotransmitter-Rezeptoren nachgewiesen worden, die Dopamin (D2)-, Serotonin (5-HT3)-, Histamin (H1)-, Muscarin- und Neurokinin (NK1)-Rezeptoren. Antiemetika als Antagonisten dieser Rezeptoren können die synaptische Übertragung an unterschiedlichen Stellen der afferenten Bahnen des Brechreflexes hemmen. Darüber hinaus werden auch Glucocorticoide (Dexamethason: Dexabene, Dexamethason, Fortecortin) und Propofol (Diprivan, Propofol, Recofol) eingesetzt, wobei der Mechanismus der antiemetischen Wirkung dieser Substanzen unklar ist.
5-HT3-Rezeptor-Antagonisten
Sie sind zur Zeit die potentesten Antiemetika mit der Indikation Chemotherapie-induzierte, Strahlentherapie-induzierte und postoperative Nausea und Emesis. Die selektiven 5-HT3-Rezeptor-Antagonisten sind: Ondansetron (Zofran), Tropisetron (Navoban), Granisetron (Kytril) und Dolasetron (Anzemet).
Für die Behandlung der akuten Phase der Chemotherapie-induzierten Nausea haben diese Substanzen einen entscheidenden Fortschritt gebracht (1). Die überlegene Wirkung gegenüber den klassischen Antiemetika ist für diese akute Phase gut belegt. Eine Kombination mit Dexamethason verbessert diese Wirkung noch weiter (2). Für das verzögert auftretende Erbrechen (2. Tag bis folgende Tage nach Chemotherapie) ist die Wirkung der 5-HT3-Antagonisten limitiert. Nicht immer werden Unterschiede zu Placebo gefunden, und eine Überlegenheit gegen Metoclopramid und Dexamethason wurde nicht demonstriert (1). Kombinationen dieser Substanzen werden eingesetzt (2).
Bei postoperativem Erbrechen ist die antiemetische Wirkung der 5-HT3-Antagonisten bei der Prävention und Therapie gut belegt (3,4). Diese Wirkung war entweder gleich gut wie die von Droperidol (nicht mehr im Handel) bzw. in einigen Studien besser. Gegenüber Metoclopramid wurde meist eine überlegene Wirkung gefunden (4). Ein Zusatz von Dexamethason kann zu einer verbesserten Wirkung führen (5).
Die häufigsten Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen und Obstipation. Darüber hinaus sind 5-HT3-Rezeptor-Antagonisten gut verträglich. Ein klinisch nachweisbarer oder relevanter Unterschied zwischen den Vertretern dieser Gruppe hinsichtlich Wirkung oder Nebenwirkung besteht nicht (4). Ondansetron (Zofran) hat zum Unterschied der anderen drei 5-HT3-Rezeptor-Antagonisten eine kürzere Halbwertszeit und soll daher, ebenfalls im Unterschied zu den anderen, zweimal täglich verabreicht werden.
Propofol (Diprivan, Propofol, Recofol)
Die Verwendung von Propofol als Narkotikum führt zu einer geringeren Rate von postoperativem Erbrechen als z.B. Sevofluran (Sevorane) und analoge Mittel (5,6). Postoperativ führt die Gabe von subnarkotischen Dosen von Propofol zu einer Reduktion von Erbrechen (7-12), die Daten sind aber nicht einheitlich und nur wenige Vergleichsstudien mit anderen Antiemetika liegen vor, insbesondere fehlen solche mit den 5-HT3-Antagonisten.
Dopamin-Rezeptor-Antagonisten
Phenothiazine (Neuroleptika) wie Perphenazin (Decentan) und Triflupromazin (Psyquil) blockieren D2-Rezeptoren in der Area postrema und im Brechzentrum und haben auch H1- und Muscarin-Rezeptor-antagonistische Eigenschaften. Butyrophenone wie Haloperidol (Haldol) und Droperidol sowie Benzamid- bzw. Benzimidazolderivate wie Metoclopramid (Gastrosil, Metogastron, Paspertin) und Domperidon (Motilium) haben ebenfalls D2-Rezeptor-antagonistische Eigenschaften, aber mit geringeren vegetativen Nebenwirkungen. Sie alle können Erbrechen unterschiedlichster Ursache beeinflussen. Phenothiazine und Butyrophenone werden wegen ihrer zahlreichen Nebenwirkungen zurückhaltend eingesetzt, sind jedoch, da nur vorübergehend notwendig, bei Opiat-induziertem Erbrechen eine wirksame Möglichkeit der Prophylaxe. Für postoperatives Erbrechen ist Droperidol zwar am besten untersucht, wurde aber im Jahre 2001 wegen QT-Verlängerung im EKG vom Markt genommen.
Metoclopramid (Gastrosil, Metogastron, Paspertin) hat eine uneinheitliche Wirkung bei postoperativem Erbrechen. Eine Analyse der publizierten Studien zeigt einen schwachen antiemetischen Effekt, für Nausea war der Unterschied zu Placebo nicht signifikant (4,4a). Bei Zytostatika-Erbrechen kann es als Zusatztherapie verwendet werden (siehe oben). Es hat als unangenehme Nebenwirkung besonders bei Kindern und Jugendlichen akute extrapyramidale Störungen (Akathisie und Dyskinesien), die bei Domperidon (Motilium) selten sind (siehe Pharmainfo V/3/1990). Diese Substanzen sind auch zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen ausgehend vom Gastrointestinaltrakt geeignet.
Cisaprid (Prepulsid) darf nach einer Entscheidung der Europäischen Arzneimittelbehörde wegen Todesfällen aufgrund von QT-Verlängerung nur mehr bei idiopathischer und diabetischer Gastroparese, aber nicht mehr generell bei Erbrechen eingesetzt werden.
H1-Rezeptor-Antagonisten
Sie werden prophylaktisch gegen Übelkeit und Erbrechen bei Bewegungskrankheiten (Kinetosen) angewandt (13). Für andere Indikationen sind sie zu schwach wirksam. Neben der H1-antagonistischen Aktivität weisen sie auch eine Muscarin-Rezeptor-blockierende Wirkung auf. Verwendet werden Dimenhydrinat (Emedyl, Travel-Gum, Vertirosan), Diphenylpyralin (Astronautal: mit Vit. B6), Cyclizin (Echnatol) und Meclozin (Contravert B6: mit Vitamin B6). Die wichtigste, unerwünschte Wirkung ist Sedierung, weshalb H1-Antagonisten auch als Schlafmittel benutzt werden.
Muscarin-Rezeptor-Antagonisten
Scopolamin blockiert Muscarin-Rezeptoren in den Vestibulariskernen und im Brechzentrum und ist vor allem zur Prophylaxe von Übelkeit und Erbrechen bei Bewegungskrankheiten geeignet (13). Bei peroraler Gabe sind zentrale Nebenwirkungen wie Halluzinationen, Mundtrockenheit und Akkomodationsstörungen unangenehm. Im Vergleich zur intramuskulären oder oralen Applikation von Scopolamin ist transdermales Scopolamin (als Pflaster hinter das Ohr aufgeklebt) wenig wirksam, erzeugt aber auch weniger unerwünschte Wirkungen. Das einzige transdermale Produkt (Scopoderm TTS) ist in Österreich nicht mehr im Handel.
Butylscopolamin (Buscopan) ist zwar für postnarkotisches Erbrechen zugelassen, eine kürzlich publizierte Studie hat aber keinen derartigen Effekt gefunden (12a).
Zusammenfassung
Die 5-HT3-Antagonisten (Anzemet, Kytril, Navoban, Zofran) haben bei der antiemetischen Therapie einen Durchbruch bewirkt. Sie sind bei der akuten Phase des Erbrechens nach Chemotherapie Mittel der Wahl, wenn notwendig zusammen mit Dexamethason. In der verzögerten Phase nach Chemotherapie ist die Wirkung schwächer, hier werden 5-HT3-Antagonisten mit Dexamethason (Dexabene, Dexamethason, Fortecortin) und Metoclopramid (Gastrosil, Metogastron, Paspertin) kombiniert.
Für Prävention und Therapie des postoperativen Erbrechens haben ebenfalls 5-HT3-Antagonisten einen wichtigen Platz, als Mittel 2. Wahl oder zur Kombination können Metoclopramid, Haloperidol (Haldol) und Dexamethason verwendet werden. Propofol (Diprivan, Propofol, Recofol) als Narkotikum und postoperativ in subnarkotischer Dosis gegeben, reduziert ebenfalls postoperatives Erbrechen.
Für die Reisekrankheit verbleiben nach wie vor Histamin (H1)-Antagonisten (für Substanzen siehe Text). Für gastrointestinale Übelkeit und Erbrechen stehen Metoclopramid und Domperidon (Motilium), letzteres mit geringerem Risiko extrapyramidaler Nebenwirkungen, zur Verfügung. Cisaprid (Prepulsid) ist für diese Indikation wegen zu großer Risiken (Herzrhythmusstörungen mit Todesfolge) nicht mehr zugelassen.
Literatur:
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(13) HNO 48,346,2000
Aktuelle Risiko/Nutzenbewertung von Medikamenten: Bupropion (Zyban):
Wir haben über dieses Mittel zur Raucherentwöhnung festgestellt, dass wir es nach der Nikotinersatztherapie als Mittel zweiter Wahl betrachten (Pharmainfo XV/2/2000 und XVII/2/2002). Der belegten Wirkung stehen als Risiko Krampfanfälle (bis zum großen Anfall) in 0,1% der Fälle gegenüber, andererseits ist auch Weiterrauchen durch massive Morbidität und Mortalität belastet. Auf Grund der nach der Markteinführung gemeldeten Nebenwirkungen (insbesondere Krampfanfälle) hat die Londoner europäische Behörde die Risiko/Nutzenabwägung neuerlich evaluiert. Laut EMEA-Press Release vom 25. Juli 2002 ergab diese Bewertung, dass die Risiko/Nutzenabwägung nach wie vor positiv gesehen wird.
Wenn Nikotinersatzmittel für die Entwöhnung nicht erfolgreich sind, ist ein Versuch mit Zyban als Mittel 2. Wahl (unter Beachtung aller Vorsichtsmaßnahmen bezüglich Prävention von Krampfanfällen) gerechtfertigt (notfalls auch in Kombination mit Nikotinersatz).
P.b.b. Erscheinungsort Verlagspostamt 1010 Wien
Montag, 10. März 2003
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