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Inhalt

 

Drei Fragen und drei Antworten zu Generika

Es ist immer wieder der Wunsch (zuletzt von Dr. Ertl, Mantler'sche Apotheke, Wien) an uns herangetragen worden, etwas über Generika zu schreiben. Dieses Thema ist bereits viel diskutiert, wir halten es aber für zweckmäßig, drei gezielte Fragen zu diskutieren:

 

Sind Originatorpräparate und Generika medizinisch völlig gleichwertig?

Chemische Verbindungen (die meisten haben etwas komplexere Ringstrukturen) sind auch nach unterschiedlichen Syntheseverfahren am Ende chemisch und natürlich auch medizinisch ident (für Peptide siehe unten). Manchmal haben diese Verbindungen unterschiedliche Salze (also z.B. ein Chlorid ist ausgetauscht). Dies kann zwar etwas an der Galenik, nicht aber an der Wirkung der Verbindung (denn diese reagiert z.B. mit dem Rezeptor ohne Chlorid) ändern.

Bevor eine chemische Verbindung über den Kreislauf an den Wirkort gelangt, muss sie oral resorbiert werden. Hier bestimmt die Galenik einer Tablette (z.B. Zerfallsrate, Größe der Substanzpartikel, unterschiedliche Hilfsstoffe etc.) die pharmakokinetischen Vorgänge. Wenn die gleiche Substanz in zwei verschiedenen galenischen Präparaten vorliegt, muss erst gezeigt werden, dass keine pharmakokinetischen Unterschiede zwischen den beiden Tabletten vorliegen. Hierzu muss eine Bioäquivalenzstudie durchgeführt werden, in der die Blutspiegel des Originators mit denen des Generikums verglichen werden. Eine Zulassung erfolgt nur, wenn eine genau definierte, fast 100%ige Bioäquivalenz gegeben ist.Grundsätzlich kann man sich also bei Generika nicht nur darauf verlassen, dass die gleiche Substanz vorliegt, sondern dass diese auch in quantitativ gleicher Weise über den Kreislauf zum Wirkort gelangt. Natürlich ist es in der Vergangenheit vereinzelt passiert, dass sich die Galenik eines Originatorpräparates z.B. durch einen Produktionsfehler änderte und damit eine andere Bioverfügbarkeit vorlag. Dies kann auch bei einem Generikum der Fall sein. Vorgeschriebene Produktionskontrollen sollten dies, sowohl für Originatorpräparate als auch für Generika, weitgehend ausschließen.

Eiweiße können auch bei identen Aminosäuresequenzen Unterschiede in der Konfiguration bzw., wenn es sich z.B. um glykosilierte Verbindungen handelt, auch in der Zuckerkette besitzen und dies kann eine veränderte Wirksamkeit bedingen.

Für solche Präparate reicht es nicht aus, die Bioäquivalenz zu bestimmen, sondern es muss eine therapeutische Äquivalenz (also gleiche Wirkung von Originator und Generikum am Wirkort) festgestellt werden. Dies ist durch entsprechende Vorschriften bei der Zulassung geregelt.

Bei der Umstellung von einem Originator auf ein Generikum werden manchmal von den Ärzten/Ärztinnen und den Patienten/innen ein plötzliches Auftreten von UAW-Symptomen (z.B. Durchfall) oder eine veränderte Wirkung berichtet. Wir dürfen in diesem Zusammenhang aber nicht vergessen, dass es Placeboreaktionen sowohl bezüglich Wirkung als auch Nebenwirkungen gibt und es erscheint sehr wahrscheinlich, dass es gerade bei Patienten/innen, die über einen Präparatwechsel unglücklich sind, so etwas wie eine Generika-Umstellungs-Placeboreaktion gibt. Auf jeden Fall ist es aber zweckmäßig, wenn offensichtlich unterschiedliche Wirkungen von Originator und Generika beobachtet werden, diese als UAW-Meldung ans Ministerium zu berichten.

 

Schädigt die Verschreibung von Generika die Forschung in der Industrie?

Von Seiten der pharmazeutischen Industrie wird manchmal behauptet, dass durch Verschreibung von Generika die damit verbundene Gewinnreduktion für die Originatorfirmen zur Beeinträchtigung der Forschung und damit zu weniger neuen Medikamenten führt. Die pharmazeutische Industrie hat in den letzten 50 Jahren, basierend auf meist universitärer Grundlagenforschung, die die entscheidenden Kenntnisse über pathophysiologische  Mechanismen lieferte, große Erfolge erzielen können. In vielen Bereichen sind nahezu optimale Medikamente entwickelt worden. Wenn die Patente nicht ablaufen würden und keine Generika auf den Markt kämen, könnte sich die Pharmaindustrie auf diesen Lorbeeren mit ganz einträglichen Gewinnen ausruhen. Die Generikaverschreibung verhindert dies und die Pharmaindustrie versucht daher, patentgeschützte Nachfolgepräparate auf den Markt zu bringen. Hierbei können zwei Phänomene auftreten: (i) Die Nachfolgepräparate sind nur Scheininnovationen (siehe Pharmainfo XVIII/2/2003), also Medikamente ohne wirklichen Fortschritt. (ii) Es werden innovative Nachfolgepräparate eingeführt. Letzteres ist auf Dauer der einzig gewinnversprechende Weg. Wenn wir also gezielt Generika verschreiben, zwingen wir die Pharmaindustrie, in innovative Forschung zu investieren, und wir erreichen dadurch etwas sehr Positives für die medizinische Entwicklung und vor allem für unsere Patienten/innen.

 

Sollen wir Generika verschreiben?

Wir möchten hier nicht eine Verpflichtung durch Gesetze und/oder durch Verträge mit der Sozialversicherung diskutieren, sondern ob es für unser medizinisches Handeln zweckmäßig ist. Das oben Gesagte bedingt schon das erste Ja zu dieser Frage. Zweitens wird es immer schwieriger, die Finanzierung des Gesundheitsbereiches aufrechtzuerhalten. Es ist aber ein ärztlich-medizinisches Anliegen, dass alle (!) Patienten/innen eine möglichst gleich gute Versorgung erhalten, d.h. im Medikamentenbereich, dass wichtige neue Medikamente (und die sind oft sehr, manchmal wohl auch zu teuer) weiterhin finanzierbar sein müssen. Die Verschreibung von Generika leistet dazu einen wesentlichen Beitrag, und die ärztlich-medizinische (wenn man will auch ethische) Antwort ist daher ein klares Ja zur obigen Frage.

 

Medikamentöse Therapie der benignen Prostatahyperplasie

W. Horninger (Universitätsklinik für Urologie, Medizinische Universität Innsbruck)

Die Prostata ist das Organ des Mannes, das jenseits der Lebensmitte am häufigsten erkrankt. Hierbei ist die benigne Prostatahyperplasie (BPH) mit Abstand die häufigste pathologische Ursache. Diese Erkrankung, die im allgemeinen sehr langsam  fortschreitet, ist gekennzeichnet durch einen allmählichen Anstieg sowohl des fibromuskulären als auch drüsigen Gewebes in den periurethralen Bereichen der Prostata, mit dementsprechender Kompression der Harnröhre.

Mindestens 70% aller Männer, die das 70. Lebensjahr erreichen, entwickeln eine histologisch nachweisbare BPH, bei 40% oder mehr treten Symptome einer Harnabflussbehinderung auf.

Eines der besonders verwirrenden Merkmale der benignen Prostatahyperplasie ist das Fehlen eines eindeutigen Bezuges zwischen der Größe der Prostata und dem Auftreten oder dem Schweregrad der Harnabflussbehinderung. Im allgemeinen geht jedoch beim individuellen Patienten eine fortschreitende Vergrößerung der Prostata mit einer allmählichen Abnahme des Harnstrahles und einer unzureichenden Blasenentleerung einher, was schließlich zum Auftreten von Symptomen einer Harnabflussbehinderung und den damit verbundenen Einschränkungen der Lebensqualität führt.

Im Stadium 1 führt häufiger Harndrang zu einer Verkürzung der Miktionsintervalle (Pollakisurie), zu nächtlichem Aufstehen und einer Zunahme der nächtlichen Miktionsfrequenz (Nykturie). Der Beginn der Blasenentleerung wird verzögert (Startschwierigkeiten), der Harnstrahl abgeschwächt, Nachträufeln tritt auf.

Im Stadium 2 kann die Blase nicht mehr vollständig entleert werden, es kommt zur Restharnbildung, wodurch die Entstehung von wiederkehrenden Blasen- und Prostataentzündungen bis zur Ausbildung von Prostataabszessen sowie die Entstehung von Blasensteinen begünstigt werden kann.

Im Stadium 3 erfolgt eine Dekompensation der Blasenmuskulatur mit unwillkürlichem tropfenweisem Harnabgang, als Ausdruck einer Überlaufblase mit Restharnvolumina bis zu mehreren Litern.

Bei der gutartigen Prostatavergrößerung kann man prinzipiell zwischen medikamentösen und operativen Behandlungsmöglichkeitenunterscheiden. Die Wahl der Therapie richtet sich vor allem nach dem Stadium der Erkrankung und dem daraus resultierenden Beschwerdebild. Im Anfangsstadium reicht die regelmäßige ärztliche Kontrolle (wait and see) des Krankheitsverlaufes aus. Meist sind diese Patienten auch mit ihrer Miktio zufrieden und es besteht kein Leidensdruck. Regelmäßige jährliche Kontrollen sind allerdings unumgänglich, auch im Sinne der Prostatakarzinom Früherkennung, dem sog. PSA-Screening.

Zur Evaluierung der Wirksamkeit einer medikamentösen Prostatahyperplasietherapie werden heute placebokontrollierte Doppelblindstudien gefordert. Die Parameter, die in diesen Studien zur Evaluierung der Wirkung herangezogen werden, sind die Änderung des maximalen Harnflusses, des Restharnes und der subjektiven Symptomatik. Diese wird mit Hilfe des sog. internationalen Prostata Symptomen Score (IPSS), in dem auch eine Frage zur Beurteilung der Lebensqualität inkludiert ist, evaluiert. Bei diesem, aus 8 einfachen Fragen bestehendem Fragebogen werden die Symptome erfasst und gewertet. Pro Frage werden 0-5 Punkte vergeben, bei einem Score bis 7 ist eine Therapie nicht dringend erforderlich, je höher die Zahl der Punkte, desto notwendiger die Therapie.

 

Phytotherapie der benignen Prostatahyperplasie:

Traditionell genießen Pflanzenextrakte zur Behandlung der benignen Prostatahyperplasiesymptome in Europa und somit auch in Österreich eine hohe Popularität. Sie erreichen in einzelnen Ländern einen Marktanteil von bis zu 50%. Die pharmakologischen Inhaltsstoffe dieser Medikamente bestehen häufig aus komplexen Phytosterolgemischen, wobei beta-Sitosterol meist die Hauptkomponente darstellt (1). Die Wirkungsmechanismen dieser Medikamente sind teilweise nicht genau bekannt, meist handelt es sich um einen antiinflammatorischen und antikongestiven Effekt durch Eingriff der Wirksubstanzen in den prostatischen Prostaglandinstoffwechsel. Ein anderer Wirkmechanismus soll eine Hemmung der intraprostatischen 5α-Reduktase und auch der Aromatase sein (1).

Hypoxis rooperi, südafrikanisches Sternengras (Harzol)
Die klinische Wirksamkeit dieses Phytotherapeutikums wurde in mehreren, auch placebokontrollierten Studien untersucht, die Ergebnisse sind teils vielversprechend, teils widersprüchlich, placebokontrollierte Langzeitdaten fehlen (2,3,4).

Serenoa repens, amerikanische Sägepalme (Permixon, Prostagutt, Prosta-Urgenin, Urogutt)
Dieses Phytotherapeutikum wird aus den reifen, getrockneten Früchten von Serenoa repens (Synonym: Sabal serrulata) hergestellt (lipophile Extrakte). Auch für dieses Medikament liegen zahlreiche, teilweise widersprüchliche Studien bezüglich der klinischen Wirksamkeit vor. Anzumerken sei hier, dass diese Ergebnisse nicht generell auf alle Serenoa repens Präparate übertragbar sind, weil von Hersteller zu Hersteller die Technik der Extraktbereitung und somit auch das Spektrum der enthaltenen Substanzen variieren (5,6,7).

Pygeum africanum, afrikanischer Pflaumenbaum (Tadenan)
Dieses Präparat besteht aus Extrakten aus der Rinde des afrikanischen Pflaumenbaumes. Zahlreiche placebokontrollierte Kurzzeitstudien mit diesen Extrakten zeigten eine fragliche klinische Wirksamkeit (8,9,10). Keine dieser Untersuchungen entsprach in ihrem Design den Minimalanforderungen der „International Consultation Conference on BPH“ (8), sodass die Ergebnisse nicht eindeutig zu beurteilen sind (1).

Urtica diodica, Brennessel (Biogelat Brennesselwurzel, Prostagutt, Urogutt)
Klinische Studien, die zum Teil vor mehr als 10 Jahren durchgeführt wurden, sind wegen ihrer geringen Patientenzahl und kurzen Studiendauer kaum beurteilbar (11,12).

Cucubita pepo, Kürbiskerne
Eine erst kürzlich durchgeführte randomisierte, placebokontrollierte Studie an 476 Patienten konnte im Studienzeitraum von 12 Monaten eine signifikante Reduktion der klinischen Symptome, gemessen am IPSS, im Vergleich zum Placeboarm zeigen. Andere Parameter, wie die maximale Harnflussrate, die Lebensqualität, der Restharn oder das Prostatavolumen änderten sich nicht (13).

Zusammenfassende Bewertung:
Trotz der traditionellen Popularität als Arzneimittel und trotz wachsender Beliebtheit als sogenannte Nahrungsmittelzusätze bleibt die Rolle der Phytotherapie für die Therapie der benignen Prostatahyperplasie umstritten. Legt man Evidenz-basierte Kriterien an, zeigen nur wenige randomisierte Studien sowie einige Metaanalysen vornehmlich über Serenoa repens und Pygeum africanum sowie jüngste Studien mit Kürbiskernen einen klinischen Effekt bei guter Verträglichkeit. Nachdem häufig weder die genaue Wirksubstanz noch ein exakter pharmakologischer Wirkmechanismus genau definiert sind, sind die Wirkstoffe der verschiedenen Extraktmischungen schlecht einschätzbar. Umsomehr sind randomisierte, placebokontrollierte Studien erforderlich, um die tatsächliche therapeutische Potenz der einzelnen Präparate einzuordnen.

 

Alpha1-Rezeptorenblocker:

Die Muskulatur im Bereich des Blasenhalses und im Prostatastroma ist zum überwiegenden Teil adrenerg innerviert. Blockade der alpha 1-Rezeptoren setzt daher den Muskeltonus herab. Durch diese Relaxation in der Prostata kommt es zur Erweiterung der prostatischen Harnröhre und dadurch zur Verbesserung der Abflusssituation. Subjektiv störende Symptome wie nächtliches Wasserlassen, gehäuftes Wasserlassen tagsüber oder schwacher Harnstrahl können teilweise eindrucksvoll verbessert werden. Da jedoch diese α1-Rezeptorenblocker nicht nur selektiv an der Prostata, sondern auch am Gefäßsystem wirken und dort eine Vasodilatation verursachen, werden Nebenwirkungenwie Kopfschmerzen, Schwindel, Hypotonie, Benommenheit und Herzklopfen beobachtet.

Prinzipiell muss bei allen α1-Rezeptorenblockern mit diesen Nebenwirkungen gerechnet werden, sie sind aber bei den „uroselektiven“ Wirkstoffen Alfuzosin (Xatral) und Tamsulosin (Alna retard) seltener als bei den aus der Hypertoniebehandlung stammenden Wirkstoffen Doxazosin (Ascalan, Doxapress, Doxazosin Präparate, Hibadren, Prostadilat, Supressin) und Terazosin (Terazosin Arcana, Urocard, Uroflo). Sexuelle Funktionsstörungen als Nebenwirkungen, wie erektile Dysfunktion und Ejakulationsstörungen, sind insgesamt selten und nach Absetzen der Therapie reversibel.

Alle α1-Rezeptorenblocker wurden in randomisierten, placebokontrollierten  Studien auf ihre Wirksamkeit hin überprüft. Diese Studien weisen auf eine ähnliche Wirksamkeit aller Präparate hin, was auch in direkten Vergleichsstudien bestätigt wurde (14).

Die Verbesserung der Symptomatik – gemessen am IPSS - lag in den einzelnen Studien zwischen 19 und 65%, wobei der Unterschied im Vergleich zu den Placebogruppen in den meisten Studien statistisch signifikant war. Die Verbesserung der klinischen Symptomatik blieb bei Langzeituntersuchungen konstant.

Der Anstieg des maximalen Harnflusses lag in den oben erwähnten placebokontrollierten Studien zwischen 0,8 und 4,3 ml/s, der Unterschied zu den Placebogruppen war in den meisten Studien signifikant. Die Verbesserung der maximalen Harnflussrate blieb, gleich wie die Verbesserung der Symptomatik, in den Langzeitstudien erhalten.

Die Restharnsenkung lag zwischen 10 und 56%. Diese Veränderungen waren zwar in den meisten Studien signifikant im Vergleich zu den Ausgangswerten verbessert, eine signifikante Restharnsenkung im Vergleich zu Placebo konnte jedoch nur in wenigen Studien nachgewiesen werden.

Zusammenfassende Bewertung:
Das Wirkprofil der in Österreich vermarkteten α1-Rezeptorenblocker ist sehr ähnlich. Die Symptomatik des BPH-Patienten kann mit allen hier erwähnten Substanzen um bis zu 65% dauerhaft reduziert und der maximale Harnfluss dauerhaft gesteigert werden. Diese Veränderungen sind im Vergleich zu placebobehandelten Patienten signifikant und tragen zur Verbesserung der Lebensqualität der betroffenen Männer bei.

Im direkten Vergleich der verschiedenen α1-Rezeptorenblocker konnte für keine Substanz eine Überlegenheit hinsichtlich der Wirkung nachgewiesen werden.

Im Unterschied zur einheitlichen Wirkung aller α1-Rezeptorenblocker ist das Nebenwirkungsprofil der Substanzen Alfuzosin und Tamsulosin günstiger als das der Substanzen Doxazosin oder Terazosin.

Im Vergleich zu den 5-alpha-Reduktasehemmern (siehe unten) bieten die alpha 1-Rezeptorenblocker durch ihren raschen Wirkungseintritt und durch die Unabhängigkeit vom Prostatavolumen gewisse Vorteile, sie haben jedoch keinen Effekt auf das Prostatavolumen und nehmen somit keinen Einfluss auf das natürliche Fortschreiten der Erkrankung.

 

5α-Reduktasehemmer:

Bei den 5α-Reduktasehemmern liegen 2 Medikamente vor, Finasterid (Proscar), ein Medikament, das seit mehr als 10 Jahren in Österreich zugelassen ist, und Dutasterid (Avodart), ein erst seit kurzem auf dem Markt befindliches Medikament.

Finasterid (Proscar):
Dieses Medikament hemmt die Umwandlung von Testosteron in das biologisch wirksame Dihydrotestosteron, das für das Wachstum der Prostata mitverantwortlich ist. Durch eine Blockade dieser Umwandlung kann sowohl ein Wachstums-Stop als auch eine Abnahme der Prostatagröße erreicht werden.

Finasterid hemmt selektiv die intraprostatische Typ II 5α-Reduktase und blockiert somit die oben erwähnte Umwandlung von Testosteron in Dihydrotestosteron. Die Effektivität und auch die Sicherheit dieses Medikamentes konnten in mehreren großen internationalen Studien nachgewiesen werden (15,16).

Symptomatik und maximale Harnflussrate:
Es kommt zu einer im Durchschnitt 20-25%-igen Abnahme des Prostatavolumens und auch zu einer langanhaltenden Verbesserung der maximalen Harnflussrate und des Symptom Scores.

Prinzipiell zeigte sich ein besseres Ansprechen bezüglich Symptom Score und maximaler Harnverhaltung bei Patienten mit größeren Prostatavolumina über 50 Gramm.

Endpunkte akuter Harnverhalt und operativer Eingriff:
Durch Langzeittherapie mit Finasterid ist es möglich, klinisch signifikante Endpunkte wie akute Harnverhaltung oder einen operativen Eingriff günstig zu beeinflussen. Diese Endpunkte waren unter anderem auch Gegenstand der sog. MTOPS (Medical Therapy of Prostatic Symptoms)-Studie (17), in der mehr als 3000 BPH-Patienten evaluiert wurden. Dabei zeigte sich, dass das relative Risiko einer akuten Harnverhaltung und auch eines operativen Eingriffes nach 5 Jahren Finasteridbehandlung jeweils um mehr als 50% reduziert werden konnte. Somit konnte mit Finasterid zum ersten mal gezeigt werden, dass mit diesem Wirkstoff - im Gegensatz zu den alpha 1-Rezeptorenblockern - es möglich ist, das Fortschreiten der Erkrankung zu stoppen oder gar umzukehren.

Nebenwirkungen:
Finasterid wurde insgesamt gut vertragen und das Sicherheitsprofil entsprach nach 5jähriger Beobachtungszeit etwa dem der einjährigen kontrollierten klinischen Studie. In der einjährigen placebokontrollierten Studie fanden sich eine verminderte Libido in 3,8%, Ejakulationsprobleme in 2,9% und Impotenz in 3,8%. In der 5jährigen offenen Extensionsstudie betrug der Prozentsatz an Patienten, die an verminderter Libido, Ejakulationsproblemen und Impotenz litten, jedoch nur mehr 1,7, 0,6 und 2,4%; bei fast allen Patienten kam es zu einer deutlichen Verminderung des Ejakulatvolumens. Nach Absetzen des Medikamentes sind die oben erwähnten unerwünschten Wirkungen reversibel. 

Ein Nachteil dieses Medikamentes besteht in einer sehr langen, bis zu 6 Monate dauernden Latenzzeit bis zum Eintritt der maximalen Wirkung.

Erwähnenswert ist noch eine kürzlich erschienene, placebokontrollierte Studie (18), in der Finasterid in Hinblick auf die Prostatakarzinomentstehung untersucht wurde: in der Placebogruppe wurde bei 24% der Patienten ein Prostatakarzinom entdeckt, während in der Finasteridgruppe nur bei 18% der Studienteilnehmer (6% relative Risikoreduktion) ein Prostatakrebs detektiert wurde. Es zeigte sich jedoch, dass in der Finasteridgruppe prozentuell vermehrt aggressivere Prostatakarzinome gefunden wurden. Die Gesamtreduktion des Prostatakrebses könnte einen Vorteil darstellen, die relativ höhere Rate an aggressiven Tumoren könnte aber letztlich eine höhere Mortalität von Finasterid-behandelten Patienten wegen eines metastasierenden Prostatakarzinoms bedingen.

Dutasterid (Avodart):
Dieses Medikament hemmt im Gegensatz zu Finasterid sowohl die Typ I als auch die Typ II 5-alpha-Reduktase und führt zu einer raschen, 90%igen Reduktion von Dihydrotestosteron. Die klinische Wirksamkeit dieses dualen 5-alpha-Reduktasehemmers wurde in einer großen, multizentrischen, placebokontrollierten Studie, in der mehr als 2000 Patienten evaluiert wurden, untersucht und 2002 publiziert (19).

Symptomatik und maximale Harnflussrate:
Dutasterid führt zu einer 25%igen Reduktion des Prostatavolumens nach 2jähriger Behandlung. Daraus resultierte in dieser Studie eine signifikante Verbesserung des Symptom Scores. Dies war im Vergleich zur placebobehandelten Gruppe statistisch signifikant.

Bezüglich der maximalen Harnflussrate zeigte sich nach einem 2jährigen Beobachtungszeitraum eine zu Placebo statistisch signifikante Verbesserung um durchschnittlich 2,2 ml/s.

Endpunkte akuter Harnverhalt und operativer Eingriff:
Das relative Risiko eines akuten Harnverhaltes konnte in den ersten zwei Jahren um 57% reduziert werden, die Notwendigkeit eines BPH-bedingten chirurgischen Eingriffes wurde in den ersten zwei Jahren um 48% reduziert. Auch bei diesem Medikament tritt die maximale Wirksamkeit im Durchschnitt erst nach 6 Monaten auf.

Nebenwirkungen:
Das Nebenwirkungsprofil von Dutasterid entspricht im wesentlichen dem von Finasterid. Erektile Dysfunktionen traten in 7%, eine verminderte Libido in 4%, Ejakulationsstörungen in 2% und Gynäkomastien in ebenfalls 2% aller Patienten auf. Gleich wie bei Finasterid wurde auch bei Dutasterid bei fast allen Patienten eine deutliche Verminderung des Ejakulatvolumens beobachtet.

Kombinationstherapie mit 5α-Reduktasehemmern und α1-Rezeptorenblockern:
In der oben bereits erwähnten MTOPS-Studie (17) wurde auch die klinische Wirksamkeit einer Kombinationstherapie untersucht. Nach 5 Jahren Kombinationstherapie (Doxazosin und Finasterid) verringerte sich das relative Risiko einer Progression um 67%, einer Harnverhaltung um 79%, der Notwendigkeit eines operativen Eingriffes um 69% und der Symptom Score verringerte sich um 7,0 Punkte. In jedem Falle war in dieser Studie die Kombinationstherapie dem Placebo oder der Monosubstanz überlegen.

Zusammenfassende Bewertung:
Die 5α-Reduktasehemmer führen, im Vergleich zu Placebo, zu statistisch signifikanten Verbesserungen der Symptomatik und der maximalen Harnflussrate. Nebenwirkungen sind zwar selten, aber für den Patienten belastend. Ein Nachteil der Medikamente ist der langsame Wirkungseintritt (bis zu 6 Monate). Andererseits ist bei diesen Medikamenten in Langzeitstudien erstmals ein positiver Einfluss auf das Fortschreiten der Erkrankung nachgewiesen worden. Ob diese Substanzen das Risiko, an einem Prostatakarzinom zu versterben erhöhen, reduzieren oder nicht verändern, kann erst durch Langzeitstudien geklärt werden

Literatur:
(1)  Urologe A 41,447,2002
(2)  Lancet 345,1529,1995
(3)  BJU Int. 85,842,2000
(4)  Br J Urol 80,427,1997
(5)  Clin Drug Invest 9,291,2001
(6)  J Urol 165,263,2001
(7)  Prostate 29,231,1996
(8)  K Dreikorn, F Lowe et al.: In: Proceedings of the 5thinternational Consultation on BPH:479-511,2000
(9)  Curr Med Res Opin 3,127,1999
(10) Urology 53,671,1999
(11) Urologe B 27,226,1987
(12) Urologe A 24,49,1985
(13) Urologe B 40,437,2000
(14) Eur Urol 36,1,1999
(15) N Engl J Med 327,1185,1992
(16) N Engl J Med 338,557,1998
(17) N Engl J Med 349,2387,2003
(18) N Engl J Med 349,213,2003
(19) Urology 60,434,2002

 

Proteolytische Enzyme als antientzündliche Therapie

Wir haben in der Pharmainfo VI/2/1991 über Protease-Präparate berichtet, die entzündungshemmend wirken sollen. Damals waren sowohl orale als auch parenterale Präparate im Handel. Die letzteren sind wohl wegen des anaphylaktischen Risikos vom Markt genommen worden. Orale Präparate (Wobenzym, Phlogenzym) sind verblieben. Diese enthalten Trypsin und andere Proteasen, die nach Resorption (!) im Darm im Organismus schädliche Eiweißkomplexe, die zur Entzündung führen, abbauen sollen. Wir haben damals berichtet, dass weder eine orale Resorption noch eine klinische Wirkung belegt sind. Eine Analyse aller klinischen Studien (Med Klin 98,609,2003) kam jetzt zu folgendem Schluss: Alle Studien weisen schwere methodische Mängel auf. Zudem lässt die jeweils gewählte Versuchsanordnung keine gesicherten Schlussfolgerungen zu. Es liegen keine überzeugenden Resultate vor, die für eine antiphlogistische Wirksamkeit sprechen.

Abschließend können wir feststellen: Präparate, bei denen auch nach Jahrzehnten kein verlässlicher Wirksamkeitsnachweis erfolgte, sollten nicht mehr verwendet bzw. vom Markt genommen werden.


 

P.b.b. Erscheinungsort Verlagspostamt 1010 Wien

Montag, 28. März 2005

Pharmainformation

Kontakt:

em.Univ.Prof.Dr.
Hans Winkler 

Tel.: +43 (0)512/9003-71200
Fax: +43 (0)512/9003-73200  

E-Mail: hans.winkler@i-med.ac.at

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