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Medizinstudent und Extremsportler Samuel Tanner startet bei Abenteuer-Rennen

1.283 Kilometer quer durch die Alpen, mit dem Gleitschirm und zu Fuß: Das Paragleit-Abenteuer-Rennen X-Alps zählt in der Szene zu den weltweit härtesten Herausforderungen. Diese wird im Juni auch ein Student der Med Uni Innsbruck annehmen: Samuel Tanner, 25 Jahre alt aus Kärnten. Für den Medizinstudenten ist Risikoabwägung ein großes Thema – auch in seinem Team, wo ihn zwei weitere Medizinstudenten unterstützen. Zwei Monate vor Rennbeginn laufen die Trainingsvorbereitungen intensiv.

Fliegen, laufen, Rad fahren: Der Trainingsplan von Samuel Tanner ist derzeit sportlich – und Lehrveranstaltungen stehen bei dem Medizinstudenten im 8. Semester ebenso auf dem Programm. Aber der 25-jährige Gleitschirmpilot lebt gerade einen großen Traum: Im Juni wird er am Abenteuer-Rennen X-Alps teilnehmen und 1.200 Kilometer quer durch die Alpen soweit wie möglich mit dem Gleitschirm zurücklegen – einmal gelandet muss er mit seiner Ausrüstung wieder zu Fuß hoch zum nächsten Startplatz. Die Rennstrecke führt über fünf Länder, mit Checkpoints am Mont Blanc oder an der Zugspitze, die AthletInnen sind von 6 Uhr morgens bis zum Einbruch der Dunkelheit unterwegs. Das Rennen wird vom Veranstalter Red Bull als „härtestes Abenteuerrennen der Welt” bezeichnet. „Der Titel ‚the world’s toughest adventure race‘ macht schon was mit einem“, gibt Samuel Tanner zu. „Aber irgendwie ist das ja auch Teil des Spaßes. Diese Herausforderung zu meistern reizt mich sehr.“

Samuel Tanner im Porträtbild

Samuel Tanner stammt aus dem bekannten Fluggebiet Greifenburg in der Nähe von Spittal an der Drau, sein Vater brachte ihn zum Fliegen

Mehrere Tausend Gleitschirmflieger hatten sich für die X-Alps 2025 beworben – Samuel Tanner wird einer von 35 TeilnehmerInnen sein. „Als bekannt gegeben wurde, wer starten darf, saß ich gerade im klinischen Chemiepraktikum”, erinnert er sich. Als mein Kollege Jonathan es mir berichtet hat, konnten wir es nicht fassen, es war die reine Freude.” Der passionierte Gleitschirmpilot war schon mit acht Jahren das erste Mal in der Luft, mit dem Mindestalter von 15 Jahren hat er den Flugschein gemacht. „Fliegen ist für mich Freiheit. Wenn ich in der Luft bin, erlebe ich absolute Ruhe, da vergesse ich alles rundherum, auch Prüfungsstress.”

Fliegen und Studieren: Ein Balanceakt

Diese Faszination wollte er auch während der Ausbildung erleben – die Wahl der Studienortes Innsbruck war also kein Zufall. Seit 2021 studiert er hier Humanmedizin. „Ich habe meinen Zivildienst als Rettungssanitäter gemacht und weil mich die ärztlichen Tätigkeiten dort interessiert haben, war der Schritt zum Medizinstudium kein großer mehr“, erzählt der 25-Jährige. „Jetzt gibt es Zeiten, in denen ich mich auf das Studium konzentriere, und Zeiten, wo der Sport im Vordergrund steht. Ich versuche die Famulaturen im Winter unterzubringen, wenn dann im Frühjahr die Thermik wieder gute Flugbedingungen ermöglicht, bin ich öfter in der Luft.” Das kann auch bedeuten, dass er von morgens um 9 bis abends um 18 Uhr fliegt, auch einmal eine Strecke von 300 Kilometern. „Vor allem im letzten Jahr habe ich an mehreren internationalen Langstrecken-Wettkämpfen teilgenommen, sogar in China. Deshalb habe ich einige Lehrveranstaltungen und Prüfungen aufgeschoben.” Auch wenn sich die Mindeststudienzeit nicht ausgeht, hat Tanner ein späteres medizinisches Fachgebiet schon ins Auge gefasst: die Notfallmedizin. Dass er dann vielleicht einem abgestürzten Paragleiter zu Hilfe eilen müsste, schreckt ihn nicht ab.

Jonathan Kalmbach, Samuel Tanner und Tobias Kälble lachend

Jonathan Kalmbach, Samuel Tanner und Tobias Kälble (v.l.) bereiten sich gemeinsam auf das Abenteuer X-Alps vor.

Unter seinen StudienkollegInnen sind zwei weitere Gleitschirmflieger, die ihn auch beim X-Alps-Rennen unterstützen werden: Jonathan Kalmbach aus der Nähe von Stuttgart ist der Supporter beim Rennen. „Wir haben uns genau an dem Tag kennen gelernt, als ich den Medizin-Aufnahmetest geschrieben habe,” erzählt der 22-Jährige. Tobias Kälble, ebenfalls ein Schwabe und Medizinstudent im 6. Semester, hat erst im Studium mit dem Fliegen begonnen.

Risiko? Gehört zum Sport – und wird reflektiert

Die Frage, ob das Risiko beim Gleitschirmfliegen nicht zu hoch sei, stelle sich gerade ihnen als Medizinstudierenden, erzählen die drei. „Wir sprechen sehr viel über das Thema Risiko. Fehler werden nicht verschwiegen, man tauscht sich aus, wenn ein Manöver nicht gut war, damit andere nicht in dieselbe Gefahr geraten”, meint Tanner. „Als Profisportler muss man seine Grenzen genau kennen und im Zweifelsfall auch einmal mehr Hangabstand halten.” Tobias Kälble ergänzt: „Der Sport hat sich beim Thema Sicherheit stark weiterentwickelt, mit den neuen Schirmen ist die Verletzungsgefahr geringer. Aber man muss wissen, worauf man sich einlässt.” Und der 25-Jährige fügt hinzu: „Man lernt durch dieses Hobby, bei Stress ruhig zu bleiben. Sollte es im Beruf als Arzt eine kritische Situation geben, kann man davon profitieren.” 

Tanner im Gleitschirm, aus der Ferne zu sehen nah an einem Hang

Tatsächlich vom Sport leben könne man als Gleitschirmflieger nicht, sagt Samuel Tanner. „Aber das würde ich auch gar nicht wollen. Ich finde, der Sport und die Medizin ergänzen sich gut.“

Auf die immensen körperlichen und mentalen Herausforderungen bei den X-Alps bereitet sich Samuel Tanner mit hartem Training vor: Trailrun, Lauftraining auf der Straße und Konditionstraining auf dem Rad, daneben natürlich paragliden. „Letzte Woche bin ich nach dem Flugtraining die 30 Kilometer aus dem Stubai zu Fuß nach Innsbruck gegangen. Als Medizinstudent kann ich meine körperlichen Fähigkeiten und meine Konstitution besonders gut einschätzen, und ich weiß dann genau Bescheid, wie viele Kohlenhydrate ich für eine optimale Regeneration brauche.” Auch beim Thema Equipment ist er vom wissenschaftlichen Zugang aus der Medizin geprägt: „Es gäbe jetzt eine neue Art von Protektoren, doch nachdem ich mir die Studienergebnisse dazu genauer angeschaut habe, bleibe ich bei den alten Modellen.”

Gemeinsam startklar

Beim Wettkampf wird Supporter Jonathan Kalmbach gemeinsam mit einem weiteren Teamkollegen von Station zu Station mitreisen, zwei Studenten der Atmosphärenwissenschaften der Universität Innsbruck werden außerdem detaillierte Wettervorhersagen beisteuern, damit das Team gemeinsam die beste Flugroute eruiert. Samuel Tanners Wunsch für das große Abenteuerrennen: Spaß haben und ins Ziel in Zell am See kommen. Oberstes Ziel ist es, unversehrt anzukommen. Dafür wird er neben seinem Studium täglich hart trainieren. Schon jetzt fiebert das ganze Team seinem Start am 15. Juni entgegen.

(Innsbruck, 16.04.2025, Text: P. Volgger, Bilder: MUI/D. Bullock, privat)

 

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