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Ein Tag beim Rettungsdienst Tirol: Neues Wahlfach gut angelaufen

Was passiert bei einem medizinischen Notfall in Tirol, bevor der Patient oder die Patientin ins Krankenhaus kommt? Um diese Frage dreht sich das neue Wahlfach „Mitfahren im Rettungsdienst“. Seit dem laufenden Sommersemester gibt es Studierenden einen Einblick in die Rettungskette, unter anderem bei einem Besuch der Leitstelle Tirol oder der Berufsfeuerwehr. Im Zentrum steht die Praxis: Eine 12-Stunden-Schicht lang begleiten die TeilnehmerInnen ein Rettungswagen-Team bei der Arbeit.

„Lässig war‘s“, fasst Medizinstudent Johannes Auer seine Schicht beim Roten Kreuz Innsbruck kurz und knapp zusammen. Auch Marlene Stadlbauer, Studentin im 10. Semester, erzählt von eindrücklichen Erlebnissen im Rahmen des Wahlfachs „Mitfahren im Rettungsdienst“ – sie hat in ihrer Schicht auf einem RTW mit Notfallsanitäter gleich vier spektakuläre Einsätze erlebt: „Ein Einsatz in der Justizanstalt war dabei, außerdem ein Verkehrsunfall, bei dem ich das Zusammenspiel von Rettung, Polizei und Feuerwehr hautnah miterlebt habe.“

BU: Johannes Auer (Mitte) mit dem Team vom Roten Kreuz Innsbruck

Als Teil des Wahlfachs hospitieren die Studierenden eine Schicht lang in einem Rettungstransportwagen. Ausgestattet mit entsprechender Weste, damit PatientInnen und Angehörige sie nicht für SanitäterInnen oder NotärztInnen halten, begleiten die angehenden MedizinerInnen zwölf Stunden lang verschiedene Einsätze - PatientInnenbetreuung ist dabei ausdrücklich ausgenommen. Daneben bekommen sie von den SanitäterInnen Informationen über Arbeitsabläufe und die jeweilige Rettungsorganisation. „Ich möchte gar nicht in die Notfallmedizin, trotzdem hat mir die Schicht sehr gut gefallen. Ich konnte beobachten, wie überlegt die Beteiligten in Stresssituationen handeln,“ erzählt Marlene Stadlbauer.

Einblick in das Tiroler Rettungswesen

Nicht alle Studierenden erleben eine aufregende Schicht mit akuten Notfällen. Doch auch die Erfahrung, viele Stunden warten zu müssen, könne eine interessante Lektion sein, sind sich die Studierenden und Verantwortlichen einig. So bleibe viel Raum für Informationsaustausch und Gespräche über aktuelle Herausforderungen im Rettungsdienst. Die präklinische Notfallmedizin kommt im Studium nämlich wenig vor, mit dem Wahlfach erhalten die Studierenden ab dem 5. Semester nun die Möglichkeit, verschiedene Teile der Rettungskette kennenzulernen. Dazu werden von der Interessengemeinschaft Notfallmedizin Innsbruck (IGNI) Exkursionen zu den involvierten Systempartnern organisiert – zum Beispiel zur Leitstelle Tirol, zur Berufsfeuerwehr oder zum Notarzthubschrauber Christophorus 1 der ÖAMTC Flugrettung am Innsbrucker Flughafen. Das Wahlfach wird von der Med Uni Innsbruck in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz Tirol, dem Samariterbund Tirol, der Johanniter Unfallhilfe, den MALTESERN und der Interessengemeinschaft Notfallmedizin Innsbruck (IGNI) angeboten.

BU: Tobias Halder von der Wasserrettung Innsbruck zeigt den Studierenden eine Tauchausrüstung

„Die meisten Studierenden werden später beruflich mit den Rettungsdiensten in Kontakt kommen: ÄrztInnen in den Ambulanzen bekommen PatientInnen von SanitäterInnen und NotärztInnen übergeben. AllgemeinmedizinerInnen ordnen beispielsweise Krankentransporte an oder lassen PatientInnen mit dem Rettungsdienst ins Spital transportieren“, erläutert Manuel Winkler, Assistenzarzt an der Univ.-Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin, der das das Wahlfach initiiert hat. Da sei es gut, wenn bei den MedizinerInnen ein Grundwissen über die Rettungsorganisationen, ihre Strukturen, die einzelnen Berufsbilder und die Besonderheiten in der Ausbildung vorhanden sei.

Ziel: Gegenseitiges Verständnis

Selbst seit 14 Jahren im Rettungsdienst, ist es Winkler ein Anliegen, die präklinische Notfallmedizin verstärkt ins Studium einzubringen: „Männliche österreichische Studenten kennen den Rettungsdienst möglicherweise vom Zivildienst, aber Studentinnen oder Studierende aus dem Ausland haben oft wenig Einblick in das Rettungswesen,“ weiß er aus zahlreichen Gesprächen. Das Ziel des Wahlfaches sei es, die Aktiven im Rettungsdienst und in der Klinik zusammenzubringen und Verständnis füreinander zu schaffen. Welche Ausbildung, welche Möglichkeiten, welche Ausrüstung hat ein bestimmtes Team im Rettungsdienst? Brauche ich einen Krankentransport oder einen Notarztwagen? Welche Limitationen und Probleme kann es in der präklinischen PatientInnenversorgung geben? Diese Fragen werden auch bei Exkursionen zu Systempartnern wie Feuerwehr, Wasser- oder Flugrettung thematisiert. Darüber hinaus wird auf die Herausforderungen in der Kommunikation an den verschiedenen Schnittstellen – zwischen dem RTW-Team, PatientInnen, Angehörigen, Notarztteam und Krankenhaus – eingegangen.

Das neue Wahlfach weckte gleich beim ersten Mal viel Interesse. In Zukunft sollen die Plätze aufgestockt werden, um der präklinischen Notfallmedizin noch mehr Raum zu geben, hofft Lehrveranstaltungsleiter Manuel Winkler. Im Organisationsteam rund um Winkler und Daniel Schwaiger, ebenfalls Assistenzarzt an der Univ.-Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin sowie Daniel Bösch, Leonie Müller und Andreas Zoller von der IGNI wurden bereits Pläne für den Ausbau entwickelt. Denn gegenseitiges Verständnis an der Schnittstelle Präklinik und Klinik sei nicht nur für Medizinstudierende eine spannende Erfahrung, davon könne letztendlich auch die PatientInnenversorgung profitieren.

(19.06.2024, Text: P. Volgger, Bilder: MUI/P. Volgger, M. Winkler, Privat)

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