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Drei MedizinerInnen mit Tuba-Preisen ausgezeichnet

Die Preise der Dr. Johannes und Herta Tuba Stiftung sind Ende Februar in festlichen Rahmen an MedizinerInnen und ForscherInnen der Medizinischen Universität Innsbruck überreicht worden: Barbara Sperner-Unterweger, Michaela Defrancesco und Andreas Kronbichler dürfen sich über die Auszeichnung 2024 freuen.

Die feierliche Verleihung der Dr. Johannes und Hertha Tuba Stiftung ist seit vielen Jahren ein Fixpunkt im Kalender der Medizinischen Universität Innsbruck. 2024 haben haben sich die OrganisatorInnen ein besonderes Datum dafür ausgesucht, den seltenen 29. Februar. Zum Tag der Seltenen Erkrankungen passend ist der Preis für eine herausragende wissenschaftliche Veröffentlichung an Andreas Kronbichler verliehen worden, der sich in der Studie mit der seltenen ANCA assoziierten Vaskulitis befasst hat. Einer sehr häufigen Erkrankung des Alters widmet sich dagegen Michaela Defrancesco. Für ihr Projekt, in dem sie sich der Risikoabschätzung bei der Diagnose Alzheimer-Demenz beschäftigt, erhält sie die großzügige Tuba-Forschungsförderung. Barbara Sperner-Unterweger hat sich in ihrer gesamten medizinischen und wissenschaftlichen Laufbahn für die Verbindung von Psyche und Körper interessiert und sich für diese Gesamtsicht auf den Menschen eingesetzt. Am 29. Februar wurde sie in Anwesenheit von Kommerzialrat Franz Troppmair von der Tuba Stiftung, Rektor Wolfgang Fleischhacker und Forschungsvizerektorin Christine Bandtlow für ihr Lebenswerk gewürdigt. Für die feierliche musikalische Umrahmung des Abends sorgte das Duo Lege Artis.

„There is no health without mental health.” Dieser Grundsatz begleitet seit jeher das klinische und wissenschaftliche Schaffen von Barbara Sperner-Unterweger. „Es war mir immer schon ein besonderes Anliegen, die Gesamtheit eines Menschen, die Interaktion zwischen Körper und Psyche, wahrzunehmen“, schildert die Psychiaterin und Direktorin der Univ.-Klinik für Psychiatrie II. Seit den 1990er Jahren trieb die gebürtige Osttirolerin die Weiterentwicklung der Konsiliar-Liaison-Psychiatrie als gemeinsame Versorgungsstruktur an den Innsbrucker Universitätskliniken maßgeblich voran. Ab 1993 etablierte sie mit ihrem Team die Psychoonkologie. Damit ist es ihr gelungen ihr Interesse für die psychosomatische Medizin in der klinischen Arbeit wie auch in ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit z.B. in der Psychoneuroimmunologie oder in der Lebensqualitätsforschung umzusetzen.

„In der Psychoonkologie haben wir mit wissenschaftlichen Arbeiten zu psychischen Belastungen begonnen und diese Thematik hat sich dann sehr rasch in Richtung Lebensqualitätsforschung entwickelt. Dabei steht die subjektive Wahrnehmung der Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt. Es geht nicht mehr nur um die Frage, wie lange jemand mit der Therapie lebt, sondern wie jemand mit der Therapie lebt. Es hat sich strukturell viel geändert“, sagt Sperner-Unterweger rückblickend. Aus den Anfängen der Lebensqualitätsforschung vor 30 Jahren ist mit der Health Outcome Research Unit (HORU) unter der Leitung von Bernhard Holzner und Johannes Giesinger mittlerweile eine international vernetzte Forschungsgruppe entstanden. Mit Katharina Hüfner als Professorin für Sportpsychiatrie erhielten auch die Sportpsychiatrie und -therapie einen besonderen Stellenwert in der PatientInnenversorgung und Forschung an der Univ.-Klinik für Psychiatrie II.

Entwicklung im Konsiliar-Liaisondienst
Im Vergleich zum Konsiliardienst, in dessen Rahmen PsychiaterInnen, PsychologInnen und PsychotherapeutInnen von allen Kliniken punktuell im Akutfall hinzugezogen werden, ist im Liaison-Bereich jeweils ein/e MitarbeiterIn der Univ.-Klinik für Psychiatrie II fest in Behandlungsteams anderer Kliniken miteingebunden. Das Liaison-Team steht sowohl den PatientInnen und deren Angehörigen zur Seite, als auch den BehandlerInnen, z.B. wenn es um die Kommunikation mit PatientInnen in Krisen geht. Nicht nur in der Psychoonkologie, die einen Teil des individuellen Gesamtbehandlungskonzepts bei KrebspatientInnen ausmacht und laufend gemeinsam mit den onkologischen BehandlerInnen weiterentwickelt wird, sondern auch in anderen Bereichen der somatischen Medizin, etwa in der Transplantationschirurgie oder in der Inneren Medizin ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit sinnvoll: „Chronische Erkrankungen, wie etwa Diabetes, gehen häufig mit einer depressiven Symptomatik einher. Für Herz-Kreislauf-Erkrankungen stellt die Depression einen Risikofaktor dar, der mit einer höheren Mortalität vergesellschaftet ist. Es gibt im Körper Veränderungen auf den Ebenen der Neurotransmitter, des Immunsystems und des Hormonsystems, die miteinander interagieren und sowohl körperliche als auch psychische Symptomatiken zur Folge haben.“

Psychoneuroimmunologie-Forschung
Welche Veränderungen psychische Belastung und Stress in den biologischen Systemen bewirken können, ist Gegenstand der Psychonoeuroimmunologie. „Bei akutem und bei chronischem mentalem Stress z.B. verursacht durch eine Erkrankung, wie Brustkrebs oder nach einem Unfallgeschehen können sich immunologische Mechanismen in Interaktion mit dem Neurotransmitter-Metabolismus verändern“, schildert die Psychiatrie-Direktorin. In Forschungsarbeiten, wie dem EU-Projekt „Moodinflame“ an dem auch die Med Uni Innsbruck beteiligt war (Link: https://www.i-med.ac.at/mypoint/archiv/2008092301.xml), untersuchen WissenschafterInnen, wie sich bestimmte Aminosäuren im Blut verändern, die als Vorläufer-Stoffwechselprodukte für Neurotransmitter bekannt sind. Gleichzeitig schauen sie sich an, wie sich immunologische Parameter verändern. „Bei einem Teil der depressiven Patientinnen und Patienten kann man beispielsweise eine Low-Grade-Inflammation feststellen, die Auswirkungen auf den Neurotransmitter-Metabolismus haben kann. .Diese Erkenntnisse werden auch in klinischen Studien berücksichtigt.. „Chronischer Stress kann die Gesundheitssituation negativ beeinflussen. Gesundheitsfördernde Maßnahmen, wie Sporttherapie, Achtsamkeitstherapie, Interventionen zur Stressreduktion und Entspannungsprogramme können auf individueller Ebene biologische Systeme und damit psychische und somatische Gesundheit gemeinsam positiv beeinflussen“, betont Sperner-Unterweger. Die Ärztin und Wissenschafterin wird sich im Herbst 2024 zwar aus dem klinischen Betrieb zurückziehen, für die Forschung wird sie sich jedoch weiter engagieren.

Die Forschungsförderung aus der Dr. Johannes und Hertha Tuba Stiftung in Höhe von 100.000 Euro geht an das Projekt ProAD: Factors affecting postdiagnostic disease progression in patients with Alzheimer´s disease - a retrospective long-term follow-up study von Michaela Defrancesco. Die Leiterin der Gedächtnissprechstunde an der Univ.-Klinik für Psychiatrie I untersucht mit ihrem Team in einer retrospektiven Follow-up-Studie PatientInnen, die vor drei bis fünf Jahren mit einer Alzheimer-Demenz diagnostiziert worden sind. „Wir wollen Veränderungen auf verschiedenen Ebenen untersuchen. Es gibt viele Studien über Risikofaktoren für die Alzheimer-Demenz, aber vergleichsweise wenige, in denen untersucht wurde, wie sich biologische und kognitive Marker im Verlauf der Erkrankung verändern“, sagt Defrancesco. Ihr Ziel ist es, Progressionsmarker zu finden, die es in Zukunft ermöglichen, bereits bei Diagnosestellung einer Alzheimer Demenz ein Risikoprofil für den Krankheitsverlauf zu erstellen.

Die Ausgangskohorte für das Projekt beträgt rund 200 PatientInnen, die bei Diagnosestellung durchschnittlich 70 Jahre alt und in einem leichtgradigen Demenzstadium mit noch möglichst wenigen kognitiven Beeinträchtigungen waren. Ungefähr 100-150 von ihnen sollen zu einer Verlaufserhebung mit erneuter kognitiver und klinischer Untersuchung eingeladen werden. Bei 80 Prozent möchten die WissenschafterInnen biologische Marker mittels zerebralem MRT und aus dem Blut bestimmen. Die Analysen sollen Aufschluss darüber geben, welche Faktoren für ein rasches Fortschreiten von klinischen Symptomen und des Nervenzelluntergangs im Gehirn ausschlaggebend sind. Wesentliche Faktoren könnten beispielsweise kognitive und soziale Marker wie Bildungsstand und Lebensumstände, aber auch klinische wie bestehende Vorerkrankungen oder cerebrovaskuläre Veränderungen sein. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, die Therapie von Menschen mit beginnender Alzheimer Demenz entsprechend des Risikoprofils anzupassen, um diese postdiagnostisch optimal begleiten zu können.

Andreas Kronbichler, Assistenzprofessor an der Univ.-Klinik für Innere Medizin IV, erhält den Tuba-Preis für die Publikation „Association of baseline soluble immune checkpoints with the risk of relapse in PR3-ANCA vasculitis following induction of remission“, die er als Senior Autor gemeinsam mit den Erstautoren Gabriele Gamerith und Finn Mildner verfasst hat. Für die Arbeit, die 2023 in den Annals of the Rheumatic Diseases erschienen ist, haben sie sich mit Immunkompetenz von PatientInnen mit ANCA-assoziierter Vaskulitis, einer seltenen Autoimmunerkrankung, befasst. Konkret untersuchte Kronbichler mit seinen KollegInnen, inwieweit bestimmte lösliche Immuncheckpoint-Inhibitoren die Ansprechrate auf Therapie als auch das Rezidiv- bzw. Infektionsrisiko prognostizieren kann.

Hintergrund der Studie ist die Veränderung des Immunsystems im Alter. „Es ist bekannt, dass PatientInnen mit zunehmendem Alter zwar ein niedrigeres Rückfallrisiko, gleichzeitig aber ein höheres Infektionsrisiko aufweisen“, erklärt Kronbichler. Die Untersuchung ergab, dass ein höherer Spiegel der Immuncheckpoints mit einem höherem Infektionsrisiko und niedrigem Rezidiv-Risiko korreliert. „Wir haben diese Marker erstmals für Autoimmunerkrankungen im Detail untersucht. Erstaunlich daran ist, dass er schon vor Therapiebeginn Aufschlüsse gibt, die für die Risikoabschätzung - wie lange und wie intensiv man therapiert - relevant sind“, sagt der Experte. Derzeit werde die experimentelle Untersuchung im Rahmen eines EU-Projekts mit einer größeren Gruppe von ProbandInnen wiederholt.

Gamerith G, Mildner F, Merkel PA, Harris K, Cooney L, Lim N, Spiera R, Seo P, Langford CA, Hoffman GS, St Clair EW, Fervenza FC, Monach P, Ytterberg SR, Geetha D, Amann A, Wolf D, Specks U, Stone JH, Kronbichler A. Association of baseline soluble immune checkpoints with the risk of relapse in PR3-ANCA vasculitis following induction of remission. Ann Rheum Dis. 2023 Feb;82(2):253-261. doi:10.1136/ard-2022-222479. Epub 2022 Aug 16. PMID: 35973802.

(Innsbruck, am 13. März 2024, Text: T. Mair, Fotos: D. Bullock)

Links:

Ausschreibung Tuba Preise 2024 (Einreichfrist: 31. 5. 2024)

 

 

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