Meilenstein in der Transplantationsforschung: Organe unter null Grad erfolgreich im Linienflieger transportiert
Weltweit erstmals wurden Schweinenieren, die bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt konserviert wurden, erfolgreich über den Atlantik transportiert. Damit ist einem Team der Univ.-Klinik für Viszeral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie (VTT), der Univ.-Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin gemeinsam mit KollegInnen der Johns Hopkins Universität (Baltimore, USA) der Machbarkeitsnachweis einer neuartigen Technologie gelungen. Die Firma X-Therma entwickelt das verwendete „Time Seal“.
Gerald Brandacher und der Chirurg Byoung Chol Oh von der Johns Hopkins University School of Medicine in Baltimore. Auf dem Gruppenfoto oben: Ein Team von XTherma sowie ÄrztInnen der Johns Hopkins University School of Medicine, der Univ.-Klinik für Viszeral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie sowie der Univ.-Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin im OP der Medizin Uni Innsbruck.
Die neue Transporttechnologie kann die Lager- und Konservierungszeit von Organen erheblich verlängern und ermöglicht damit den Langstreckentransport von Organen. „Die Verlängerung der Konservierungszeit könnte dazu beitragen, die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage von Organen zu schließen, risikoreiche, zeitkritische Notfalloperationen zu vermeiden und fortschrittliche genetische Anpassungen zu ermöglichen. Letztlich könnten so mehr Transplantationen durchgeführt und mehr Leben gerettet werden“, erklärt Gerald Brandacher, Professor für Translationale und Experimentelle Transplantationschirurgie, Co-Direktor und Wissenschaftlicher Leiter der Univ.-Klinik für Viszeral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie sowie Wissenschaftlicher Direktor des Daniel Swarovski Transplantationsforschungslabors an der Medizin Uni Innsbruck. Er ist zudem Professor in den Abteilungen für Chirurgie sowie Plastische und Rekonstruktive Chirurgie an der Johns Hopkins University School of Medicine und Wissenschaftlicher Direktor des dortigen Programms für Rekonstruktive Transplantation.
XT-Vivo Lösung des Time-Seal-Gerätes des Biotechnologieunternehmens X-Therma. XT-Vivo ist eine ungiftige, serum- und proteinfreie Organkonservierungslösung die die Bildung schädlicher Eiskristalle verhindert.
72 Stunden Konservierung sind möglich
Das von Gerald Brandacher geleitete Team hat eine Niere eines Schweins an der Johns Hopkins University School of Medicine in Baltimore, Maryland, USA entnommen und in einem kommerziellen Flugzeug zur Medizinischen Universität Innsbruck in Österreich transportiert. Die Niere wurde für etwa 48 Stunden bei Temperaturen unterhalb des Gefrierpunktes (-5C) gelagert und in Innsbruck im OrganLifeTM Labor der VTT auf einem klinisch getesteten Perfusionsgerät überwacht, wobei ihre Lebensfähigkeit und Funktionalität nachgewiesen wurden. Das Team wiederholte den Prozess fünfmal in den letzten zwölf Monaten, wobei die Konservierungszeiten zwischen 48 und 72 Stunden variierten. Der Machbarkeitsnachweis der Technologie ist gelungen und es konnte im Rahmen einer Transplantation gezeigt werden, dass eine Niere auch nach 72 Stunden Konservierung mit der neuen Technologie über den gesamten Beobachtungszeitraum von 200 Tagen seine normale Nierenfunktion aufrechterhält.
Vorbereitung der Schweinenniere mit der speziellen Flüssigkeit von X-Therma.
Die Nieren wurden in der XT-ViVo®-Lösung von X-Therma in X-Thermas TimeSeal®-Gerät konserviert. X-Therma ist ein Biotechnologieunternehmen, das eine Biokonservierungsplattform für regenerative Medizin und Transplantationsorgane entwickelt. Inspiriert von natürlich vorkommenden Frostschutzproteinen, die in arktischen Tierarten vorkommen, ist XT-ViVo® eine ungiftige, serum- und proteinfreie Lösung zur Organkonservierung, die Peptide verwendet, um die Bildung schädlicher Eiskristalle zu verhindern. Dadurch wird die Konservierung von Organen bei Temperaturen zwischen 0 °C und -20 °C ohne Eis ermöglicht, was die Lagerzeit verlängert. TimeSeal® kann in kommerziellen Flugzeugen transportiert werden und ermöglicht eine präzise Überwachung von Temperatur, Lagerdauer und Standort, ohne dass externe Stromversorgung, Blut oder Sauerstoff benötigt werden. 2022 erhielt XT-ViVo® und TimeSeal® von der U.S. Food and Drug Administration (FDA) den Status eines bahnbrechenden Geräts für die menschliche Nierenkonservierung bis zu 120 Stunden für Transplantationen.
„Indem wir die traditionellen Barrieren von Entfernung und Zeit abbauen, markiert unsere Technologie eine transformative Ära in der Organtransplantation. Sie könnte Organe leichter zugänglich machen und mehr Leben retten“, sagte Xiaoxi Wei, Ph.D., CEO und Mitbegründerin von X-Therma. „Mit der jüngsten Gesetzgebung, die den Transport von Organen in Flugzeugkabinen erlaubt, ist X-Therma an vorderster Front der flexiblen, weltweiten Verteilung von Organen, Geweben und Zellen. Unsere Pioniertechnologie lässt sich nahtlos in bestehende perioperative Transplantationsabläufe integrieren und stellt sicher, dass die Zeit auf unserer Seite ist.“
Seit 1954 ist der Goldstandard für die Organkonservierung die statische Kaltlagerung bei 2-8°C unter Verwendung von Eiskühlern, was oft zu Gewebe- und Zellschäden führt. Die Technologie der Lagerung und des Transportes von Organen bei Temperaturen unterhalb des Gefrierpunktes zeigt enormes Potenzial, diese Lagerungsbeschränkungen zu überwinden – ohne zusätzliche Schritte und ohne zusätzliches Perfusionsgerät, Blut oder Sauerstoff. Durch die Verlängerung der Konservierungszeiten über die aktuellen Standards hinaus – max. 24 Stunden für Nieren, 4 Stunden für Herzen – könnten die Transplantationsergebnisse erheblich verbessert und mehr Transplantationen ermöglicht werden.
Weitere Informationen:
- APA Aussendung: https://science.apa.at/power-search/5796611706045391416
- X-Therma x-therma.com
(24.10.2024, RED, HOF, Fotos: P8 Marketing)