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Überraschung: Extra-Zentrosomen können Tumorentstehung bremsen

Das PIDDosom und seine Rolle im fehlerhaften Zellzyklusprozess waren in der Forschungsarbeit des Teams um Andreas Villunger schon für so manche Überraschung gut. Auch die neueste Erkenntnis sorgt für Erstaunen: Durch fehlerhafter Zellteilung bedingte überzählige Zentrosomen – im Krebsgeschehen nachgewiesenermaßen mit einer schlechten Prognose verbunden – können bei Erbgut geschädigten Krebsvorläuferzellen deren Tod bedeuten und damit die Tumorentstehung einbremsen.

Für das „PIDDosom“, einen Komplex aus den Proteinen, PIDD1, RAIDD und der Protease Caspase-2, konnte das Team um den Entwicklungsimmunologen Andreas Villunger am Biozentrum bereits wichtige Kontrollfunktionen bei fehlerhafter Zellteilung aufzeigen. Fehler im Prozess der Zellteilung können zu ungleicher Chromosomen-Verteilung führen – eine Form der genetischen Instabilität, die auch Merkmal vieler Tumorzellen ist.

Die durch die Überzahl an Zentrosomen induzierte Antwort des PIDDosoms – nämlich die Aktivierung von Entzündungsmediatoren – sorgte bereits in einer vergangenen Forschungsarbeit für eine überraschende Erkenntnis.  In der aktuellen, soeben im Fachjournal Sciences Advances veröffentlichten Untersuchung, präsentiert das Team um Villunger wiederum ein Ergebnis, das sich nicht mit der zu erwartenden schlechten Prognose deckt. Die Arbeit – zugleich auch Dissertation von Erstautor Vincent Braun – entstand im Rahmen des laufenden, mit einem "Advanced Grant" des Europäischen Forschungsrates (ERC) geförderten Projekts „POLICE“ und der Beteiligung an dem von der DFG und dem FWF bewilligten Sonderforschungsbereich „Regulation of Cell Death Decisions“.


BU: v.l.: Andreas Villunger und Vincent Braun beleuchten das frühe Krebsgeschehen im Zusammenhang mit fehlerhafter Zellteilung.

„Wir wollten abklären, ob Extra-Zentrosomen Ursache oder Folge bösartiger Transformation sind und konnten belegen, dass Extra-Zentrosomen nicht per se die Bildung von fördern“, erzählt Andreas Villunger, der mit den ErstautorInnen Vincent Braun und Gertrude Karbon ein erstes Modell für diese Untersuchung etablieren konnte. Die Forschenden wiesen einerseits in hämatopoetischen Zellen (Leukämie und Lymphom Modell) nach, dass überzählige Zentrosomen keine Einfluss auf das Wachstum von Krebsvorläuferzellen haben; im strahleninduzierten Tumormodell (Stammzellen mit DNA-Schaden) zeigte sich jedoch das Gegenteil: PIDD1 leitet hier Apoptose ein – ein Mechanismus, der offensichtlich vor allem dann eintritt, wenn die Zellen durch Bestrahlung geschwächt sind. „Wir sehen hier, dass das PIDDososm, dafür zuständig ist, Zellen aus dem Verkehr zu ziehen, deren Erbgut bereits geschädigt ist“, bestätigt Vincent Braun. Andreas Villunger ergänzt: „Das PIDDososm hat, je nach Zelltyp, also unterschiedliche biologische Antworten parat. Der Trigger ist offensichtlich immer derselbe, nämlich die Präsenz von Extra-Zentrosomen. Zelltod wird durch Caspase-2 über das PIDDososm eingeleitet, offensichtlich unbeeinflusst durch den Tumorsuppressor p53“.

Die Ergebnisse dieser Forschungsarbeit werden zudem von klinischen Daten unterstützt. So konnte bei Patientinnen mit Ovarialkarzinom ein besseres Ansprechen auf Chemotherapie in Verbindung mit erhöhter, in Tumorbiopsien nachweisbarer, Zentrosomenzahl beobachtet werden. „Die erhöhte Zelltodanfälligkeit in Kombination mit DNA-Schaden lässt sich eventuell dadurch erklären, dass Vorläuferzellen mit DNA-Schaden mehr Apoptose-fördernde Proteine aufweisen, und somit in Gegenwart von extra Zentrosomen rascher absterben “, vermutet Villunger.

Mit seinem Team ist er bereits dabei zu erforschen, was den Unterschied der vom PIDDosom induzierten Antwort zwischen den verschiedenen Zelltypen auf molekularer Ebene ausmacht.

(18.4.2024, Text: D. Heidegger, Bilder: V. Braun / D. Heidegger)

Links:

Extra centrosomes delay DNA damage–driven tumorigenesis. Vincent Z. Braun et al., Science Advances, Vol. 10, No. 13

Institut für Entwicklungsimmunologie

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