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Prostatakarzinom: Lohnender Blick auf die Tumormikroumgebung

Glukokortikoide (Steroidhormone) werden beim metastasierenden Prostatakarzinom sehr häufig als Begleitmedikation verabreicht, um Nebenwirkungen einer Chemotherapie, wie Übelkeit und Erbrechen zu mildern. Sie stehen jedoch auch im Verdacht, den Therapieerfolg zu bremsen und das Tumorwachstum zu fördern. Die zugrundeliegenden Mechanismen wurden an der Univ.-Klinik für Urologie nun erstmals in Bindegewebszellen der Tumormikroumgebung beleuchtet – ein wichtiger Schritt zur Therapieoptimierung.

Die größte Herausforderung bei der Behandlung des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms ist das Auftreten von Resistenzen gegenüber den verwendeten Medikamenten im Zuge der Anti-Androgen und Chemotherapie. Obwohl der Androgenrezeptor (AR) das Haupttarget der medikamentösen Prostatakrebstherapie ist und Veränderungen der AR-Aktivität bereits mit einem Therapieversagen assoziiert sind, besteht für die zugrundeliegenden Mechanismen noch Aufklärungsbedarf.

Hier setzt die Forschung von Martin Puhr, Biologe an der Univ.-Klinik für Urologie (Direktor: Wolfgang Horninger) an, der sich aktuell vor allem auf die Signalübertragung des Glukokortikoidrezeptors (GR) fokussiert und die Auswirkungen des AR-GR Netzwerks auf die Prostatatumorprogression untersucht.

„In vorangegangenen Studien konnten wir bereits eine erhöhte GR Aktivität mit einer Enzalutamid-, Abirateron- und auch einer Chemotherapie-Resistenz in Verbindung bringen. Die Hypothese, dass eine langfristige Gabe von Glukokortikoiden Nachteile für den Patienten, etwa eine frühere Metastasierung und schlechteres Überleben, bringt, wird zudem auch in einer rezenten klinischen Studie belegt“, beschreibt Martin Puhr die Vorzeichen für seine neue, kürzlich in Oncogene veröffentliche Arbeit.

„Weltweit fokussieren sich Forschungsgruppen beim Thema Therapieresistenz auf epitheliale Tumorzellen, das zentrale Ziel aller Therapien beim Prostatakarzinom. Fibroblasten, also Bindegewebszellen in der unmittelbaren Umgebung des Tumors, wurden bisher jedoch eher vernachlässigt“, gibt Puhr zu bedenken. Im Rahmen seines OENB Projekts, das sich aktuell mit der Signalübertragung des stromalen GR beschäftigt, stützt sich Martin Puhr auf einen Zufallsbefund einer immunhistochemischen Färbung, bei der er eine intensive GR Färbung in der stromalen Tumorumgebung feststellen konnte. Zudem mehren sich Hinweise, dass das tumorassoziierte Stroma für die Resistenzentwicklung und die Progression des Tumors sehr relevant ist und es viel Interaktion zwischen Epithel und Stroma gibt.

BU: v.l.: Martin Puhr mit Erstautorin Andrea Eigentler, Antonia Degen, die inzwischen ihren PhD bei Judith Hagenbucher im 3D-Bioprinting Labor (Pädiatrie I) begonnen hat und Florian Handle, mittlerweile am Institut für Pathologie, Neuropathologie und Molekularpathologie. (Foto: Robert Schober)

Martin Puhr und seine nationalen und internationalen KollaborationspartnerInnen mit Erstautorin Andrea Eigentler nutzten für ihre Experimente in vitro Zellmodelle sowie primär isolierte Fibroblasten, als auch Patientengewebe, das im Rahmen der guten Zusammenarbeit mit klinischen KollegInnen und der von Puhr geleiteten urologischen Biobank laufend verfügbar ist.

„Wir stellten fest, dass tumorassoziierte Fibroblasten nach Glukokortikoid Gabe viele lösliche Faktoren, wie etwa Chemokine, produzieren. Dies hat einen Einfluss auf das epitheliale Kompartiment und führt zu einem gesteigerten Zellwachstum. Außerdem verändert eine Glukokortikoid Behandlung signifikant die Morphologie der stromalen Zellen, erhöht die Zelladhäsion und führt zu einer Re-Organisation der extrazellulären Matrix. Dazu kommt, dass Fibroblasten nicht auf eine Antiandrogenbehandlung ansprechen“, beschreibt Erstautorin Eigentler die zentrale Erkenntnis.

Martin Puhr: „Unsere Ergebnisse sind vor allem im Hinblick auf die Entwicklung von Therapieresistenzen beim Prostatakarzinom von Bedeutung. Nachdem wir hier nachweisen, dass Glukokortikoid-behandelte Fibroblasten das Wachstum epithelialer Tumorzellen erheblich beeinflussen und eine Restrukturierung der extrazellulären Matrix Auswirkungen auf die Neu-Metastasierung haben kann, muss das bei zukünftigen Therapiestrategien berücksichtigt werden.“ Im Sinne einer personalisierten Medizin wäre es denkbar, zukünftig individuell von einer Medikation mit Glukokortikoiden abzusehen.

„Nachdem die Konsequenzen einer Glukokortikoid-Behandlung bei Prostatafibroblasten nun gut dokumentiert sind, wollen wir in einem weiteren Forschungsschritt untersuchen, ob dies auch funktionelle Auswirkungen im Zuge einer Chemotherapie hat“, schließt Puhr.

(01.02.2024, Text: D. Heidegger, Bilder: M. Puhr, Oncogene 43, 235–247 (2024)/ R. Schober)

Links:

Glucocorticoid treatment influences prostate cancer cell growth and the tumor microenvironment via altered glucocorticoid receptor signaling in prostate fibroblasts. Eigentler et al., Oncogene (2023)

Targeting the glucocorticoid receptor signature gene Mono Amine Oxidase-A enhances the efficacy of chemo- and anti-androgen therapy in advanced prostate cancer. Martin Puhr, Andrea Eigentler, Florian Handle, Hubert Hackl, Christian Ploner, Isabel Heidegger, Georg Schaefer, Maximilian P. Brandt, Julia Hoefer, Gabri Van der Pluijm & Helmut Klocker. Oncogene volume 40, pages3087–3100 (2021)

The Glucocorticoid Receptor Is a Key Player for Prostate Cancer Cell Survival and a Target for Improved Antiandrogen Therapy. Puhr M, Hoefer J, Eigentler A, Ploner C, Handle F, Schaefer G, Kroon J, Leo A, Heidegger I, Eder I, Culig Z, Van der Pluijm G, Klocker H., Clin Cancer Res. 2018 Feb 15;24(4):927-938. Epub 2017 Nov 20.

Univ.-Klinik für Urologie

 

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