PRIMA Ein starkes Team
Die EU unterstützt im 6. Rahmenprogramm gleich drei Großprojekte zum Prostatakarzinom und fördert damit einen Bereich, in dem die europäische Forschung weltweit führend ist, bisher aber zuwenig vernetzt war. Prof. Zoran Culig und Prof. Helmut Klocker vom Innsbrucker Urologielabor arbeiten gemeinsam mit Forschern aus acht Ländern im Projekt PRIMA zum fortgeschrittenen Prostatakarzinom.
Das Prostatakarzinom ist eine der am weitesten verbreiteten Krebserkrankungen bei Männern. Die Therapie stößt aber auf Grenzen, weil bei der bereits seit 60 Jahren angewendete hormonellen Behandlung mit Antiandrogenen nach einer gewissen Zeit Resistenzen entstehen. Diese bilden Metastasen, die sich vor allem in den Knochen festsetzen, wo sie sehr schmerzhaft und meist tödlich sind. Arbeitsgruppen aus sechzehn Institutionen in den Niederlanden, Frankreich, Deutschland, Österreich, Finnland, Israel, Großbritannien und der Schweiz beschäftigen sich im Rahmen von PRIMA mit dem fortgeschrittenen Prostatakarzinom.
Forscher können langjährige Erfahrung einbringen
Die Wissenschaftler im Biochemisch-molekularbiologisches Labor der Uniklinik für Urologie erforschen seit Jahren die verschiedenen Aspekte der zellulären Signaltransduktion im Tumorgewebe des Prostatakarzinoms. Dabei lieferten sie wichtige Beiträge zum besseren Verständnis der molekularen Vorgänge bei der Entstehung von Therapieresistenzen. Sie entdeckten erstmals eine Mutation des Androgenrezeptors im Gewebe des Prostatakarzinoms und konnten den Androgenrezeptor auch in Metastasen von therapieresistentem Prostatakrebs nachweisen. Die Gruppe um Prof. Zoran Culig arbeitet auch im Rahmen von PRIMA zum Androgenrezeptor. Die meisten derzeit bekannten Medikamente blockieren einfach den Androgenrezeptor, wir suchen nach besseren, spezifischeren Wegen für eine Antiandrogen-Therapie, erklärt Culig. Hier liegt eine der Stärken der europäischen Forschung. Bisher haben die einzelnen Forschungsgruppen aber weitgehend isoliert gearbeitet. Dieses Großprojekt gibt uns die Möglichkeit, uns besser zu vernetzen und die Zusammenarbeit zu intensivieren, so der Innsbrucker Forscher. Die Wissenschaftler um Prof. Culig sind außerdem auf der Suche nach neuen Molekülen, die für die Therapieresistenz verantwortlich sein könnten.
Ziel ist die Medikamentenentwicklung
Prof. Helmut Klocker, der Leiter des Urologielabors, und sein Team haben bereits im Rahmen des 5. EU-Forschungsprogramms verschiedenste Expressionsscreenings durchgeführt, um Unterschiede zwischen Tumorgewebe und gesundem Gewebe festzustellen. Dabei wurden potentielle Ziele für die Therapie oder neue Marker zur Identifizierung der Erkrankung gesucht. Das Labor verfügt über eine sehr umfangreiche Gewebesammlung und bringt daher neben herausragendem wissenschaftlichem Know-how auch unverzichtbares Probenmaterial in das internationale Projekt ein. Da es bis heute keine Behandlung für fortgeschrittenen, metastasierten Prostatakrebs gibt und alle bisher aufgegriffenen Strategien erfolglos waren, versuchen die PRIMA-Forscher die Krebszelle auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig anzugreifen. Dazu sollen mindestens fünf neue Targets identifiziert und validiert und entsprechende Substanzen für Medikamente gefunden werden. Das ist unser Ziel, wir suchen neue Therapiemöglichkeiten für die Behandlung des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms, erklärt Prof. Klocker.
Europäische Forschung stärken
Während es in den USA neun Großprojekte für die aufwändigen Studien zum Prostatakarzinom gibt, wurden in der EU die sehr erfolgreichen Forschungsgruppen bisher nicht entsprechend unterstützt. Wir sehen diese Finanzierung im 6. Rahmenprogramm daher als Möglichkeit, die europäische Forschung konkurrenzfähig zu machen, betont Prof. Culig. Neben der besseren Vernetzung bringt die Teilnahme am EU-Projekt dem Urologielabor auch zusätzliche Ressourcen. Über die nächsten drei Jahre können zwei zusätzliche Medizinisch-Technische Assistenten, ein PostDoc sowie ein Studierender zusätzlich beschäftigt werden. Die offizielle Eröffnung des Projekts PRIMA fand bereits im Juli an der Universität Nijmegen statt. Das dortige Institut für Experimentelle Urologie fungiert als Koordinator des Projekts. Die Gruppe der Androgenrezeptor-Spezialisten mit Prof. Culig traf sich im Oktober zur ersten Koordinationssitzung in Berlin.
MyPoint stellt in einer losen Folge die im 6. EU-Rahmenprogramm anlaufenden Forschungsprojekte an der Medizinischen Universität Innsbruck vor. Bereits im Mai wurde über ein EU-Netzwerk gegen Herzkrankheiten berichtet. Im September haben wir ein Projekt zur Risikoabschätzung der toxischen Langzeitwirkung von Medikamenten und Chemikalien vorgestellt. Die Präsentation eines Projekts zur verbesserten und langfristigen Prognostizierbarkeit der UV-Einstrahlung auf der Erde folgte im Oktober.