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Inhalt

 

 

Editorial: Die Ärztekammer für Salzburg und Vorarlberg haben nun auch den Bezug der Pharmainformation für die von ihnen vertretenen Kollegen(innen) beschlossen. Damit erreicht die Pharmainformation die Haupteinzugsgebiete der Innsbrucker Medizinischen Fakultät. Wir freuen uns darüber und werden uns bemühen, auch postpromotionell nützlich zu sein.
Zu diesem Anlaß sei wiederholt, daß sich die Pharmainformation als 
unabhängig und kritisch versteht. Das heißt, im Rahmen der Risiko/Nutzenabwägung kann und soll auch auf eine nicht oder wenig belegte Wirkung eines Medikamentes hingewiesen werden. Es kann und soll auf das Vorliegen schwerer Nebenwirkungen hingewiesen und bei Abwägung dieser Faktoren auch von Präparaten abgeraten werden. Artikel ohne Nennung von Autoren wurden von einem Mitglied des Herausgeberteams verfaßt. Wir ziehen aber auch weitere Experten zu und nennen diese dann namentlich. Alle Artikel werden aber vom Herausgeberteam gemeinsam redigiert (bei genanntem Autor natürlich im Einverständnis mit diesem) und verantwortet.
Das Bundesgesundheitsamt (BGA) in der Bundesrepublik Deutschland gibt seit heuer eine "Arzneimittelschnellinformation" heraus. Wir beziehen nun auch diese Unterlagen in unsere Analyse ein.
Die vorliegende Information konzentriert sich auf ein wichtiges Gebiet. Das nächste Mal werden wir wieder mehrere kürzere Informationen bringen. 
Dieses Mal sei 
Frau Dr. R. Weiler (Institut für Pharmakologie) gedankt, die bereits mehrmals bei der Zusammenstellung der Firmenpräparate mitgearbeitet hat.

 

Lokale Steroidtherapie in der Dermatologie

Die Entwicklung topisch verwendbarer Steroide (Hydrocortison 1952, Triamcinolonacetonid 1954 als das erste halogenierte Steroid) war der Hauptfortschritt in der Dermatopharmakologie. Lokale Steroide sind die zur Therapie von Hautkrankheiten am häufigsten eingesetzten Medikamente, sie sind nicht billig, und so verwundert es nicht, daß es sich um einen heiß umkämpften, oft von kommerziellen Faktoren mitbestimmten Markt handelt.
Mit nur wenigen Gramm Steroid kann heute jeder Allgemeinmediziner mit wenig dermatologischem Wissen viele Dermatosen günstiger beeinflussen, als selbst der kompetenteste Dermatologe vor der Steroidära. Wegen des scheinbar so günstigen Verhältnisses von Wirksamkeit zu Toxizität sind manche Ärzte(innen) wenig motiviert, die Pharmakologie dieser potenten Medikamente näher zu studieren, und meist wird auch kein Gedanke hinsichtlich der verabreichten Gesamtdosis (Gramm pro Woche) verschwendet, obwohl dies für jeden Arzt bei oraler oder parenteraler medikamentöser Therapie selbstverständlich ist. Es ist daher das Ziel dieses Artikels, die rationalen Grundlagen und die sich hieraus ergebenden Regeln für die topische Steroidtherapie darzulegen. Ebenso wie bei systemischer Gabe wirken Corticosteroide lokal nur symptomatisch, nicht kausal. Dies bedeutet, daß die Diagnosefindung sich nicht erübrigt und daß eine scheinbare Wirkung - durch Unterdrückung der Entzündung - selbst bei fälschlicher Anwendung von Steroiden bei Kontraindikationen (z.B. Pilzinfektionen) gegeben ist.

 

Pharmakologische Wirkung und Wirkungsmechanismen

Topische Steroide wirken antiinflammatorisch, antimitotisch (dieser Effekt dürfte bei Erkrankungen mit einem beschleunigten epidermalen Zellumsatz wie z.B. der Psoriasis von Bedeutung sein) und vasokonstriktorisch. Die der Vasokonstriktion zugrundeliegenden Mechanismen sind noch größtenteils unbekannt. Eine Vielzahl von Effekten (z.B. Hemmung der Freisetzung und Produktion von Entzündungsmediatoren, Membranstabilisierung), die als Nettoeffekt die antiinflammatorische Wirkung zur Folge haben, ist aufgeklärt worden. 
Hydrocortison ist schwach wirksam und hat nur wenige Nebenwirkungen. Es war nun das Ziel, durch chemische Modifikationen Wirkungssteigerung bei möglichst gleichbleibenden Nebenwirkungen zu erzielen. Es ist tatsächlich gelungen, immer noch stärkere topisch wirksame Corticosteroide zu entwickeln, die angestrebte Dissoziation zwischen Potenz und unerwünschten Nebenwirkungen ist aber kaum möglich gewesen. Der Einsatz potenter Steroide birgt also stets das Risiko stärkerer Nebenwirkungen in sich.

 

Pharmakokinetik

Eine erhöhte Penetration hat natürlich eine stärkere Wirkung, aber auch Toxizität zur Folge. Untersuchungen mit radioaktiv markierten Präparaten haben gezeigt, daß topische Steroide im allgemeinen sehr wenig (Hydrocortison z.B. bei Applikation am Unterarm nur 1%) absorbiert werden (1,3,5). Bestimmte Körperstellen zeigen eine höhere Permeabilität und sprechen daher leichter und häufig auch ausreichend auf sehr schwache Steroide an (relative Hydrocortisonpenetration: volarer Unterarm=1; Scrotum=42; Gesicht=6-13 je nach Region; Achselhöhle=3,5; behaarter Kopf=3,6, Rücken=1,7; Handfläche 0,83; Fußsohle=0,14).
Über die Permeabilität erkrankter Haut gibt es nur wenige Daten. Bei entzündlichen Zuständen wie z.B. atopischem Ekzem oder Erythrodermie ist sie jedenfalls um das Mehr- bis Zigfache erhöht, wogegen psoriatische Plaques keine erhöhte Permeabilität zeigen. Bei gleichzeitiger systemischer Gabe von Retinoiden (Tigason, Roacutan) ist die Permeabilität stark gesteigert.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Resorption eines topisch applizierten Steroids zu erhöhen und zur Steigerung der Wirkung auszunützen. Die Erhöhung der Konzentration ist eine häufig verwendete, obzwar sie gelegentlich nicht sehr effektiv ist (eine Erhöhung der Hydrocortisonkonzentration um das 10fache von 0,25 auf 2,5% erhöht z.B. am Unterarm die Penetration nur um das 4fache von 1% auf 4%). Okklusivverbände steigern die Penetration 10fach und erhöhen Wirkung, aber auch Nebenwirkungen.
Okklusivverbände sollten nicht zu lang
 (etwa 12 Stunden über Nacht) appliziert werden, da sonst die Gefahr der Entwicklung einer bakteriellen oder Candida-Infektion (Follikulitis) besteht. Bestimmte Vehikelzusätze (Propylenglykol, Urea: Calmurid HC, Hydrodexan) erhöhen die Penetration. Für Salicylate ist diese Wirkung umstritten. Salicylatzusatz kann aber aufgrund seiner keratolytischen Wirkung bei entsprechender Indikation (z.B. hyperkeratorisches Handekzem) nützlich sein (Decasalyl, Diprosalic, Locasalen, Pilison, Sali-Decorderm).

 

Vehikel

Nach wie vor gilt die alte Regel, daß nässende Läsionen mit Cremen, trockene Läsionen hingegen mit Salben zu behandeln sind (1,3,5). Neben Cremen (Emulsion Öl in Wasser 1:2) und Fettsalben (wasserfreie Grundlage) stehen heute Salben zur Verfügung (Emulsion Wasser in Öl 1:2), die intermediäre Eigenschaften haben.
Diese 'öligen Cremen' sind kosmetisch akzeptabel, haben zum Teil okkludierenden und penetrationsfördernden Effekt von Fettsalben und sind für viele Zwecke am besten geeignet. Man sollte nur Präparate verwenden, deren Vehikelinhaltsstoffe deklariert sind. Vorsicht ist beim Verdünnen von Corticosteroidpräparaten angebracht. Die modernen Corticosteroidpräparate können nicht einfach mit irgendeinem Vehikel verdünnt werden (1,3). Manche Firmen bieten daher ihre Corticosteroidpräparate von vorneherein in verschiedenen Konzentrationen an, einige verkaufen auch die corticosteroidfreien Vehikel (Basisdermatica), die neben einer corticoidfreien Intervalltherapie auch ein problemloses Verdünnen erlauben, das allerdings unter aseptischen Techniken durchgeführt werden sollte. Steht das entsprechende Basisdermaticum nicht zur Verfügung oder ist es unverhältnismäßig teuer, sollte jedenfalls eine Verdünnung nur mit einem von der Firma für Magistraliterrezepturen empfohlenen Vehikel vorgenommen werden und nur soviel rezeptiert werden, als in absehbarer Zeit verbraucht wird. Eine Verdünnung unter 10% des Basispräparates ist unerläßlich und daher abzuraten.

 

Relative Potenz verschiedener Präparate

Die Tabelle 1 gibt einen Anhaltspunkt für die relative Potenz topischer Steroidpräparationen. Es ist zu beachten, daß die Potenz nicht nur von der jeweiligen Corticosteroidsubstanz abhängt sondern auch von ihrer Konzentration (etliche Substanzen sind in verschiedener Konzentration und damit unterschiedlich effektiver Wirkungsstärke erhältlich, s. Tabelle 1) und vom Vehikel (Vehikeleffektivität hinsichtlich Penetration: Salbe>Gel>Creme>Lotion; Propylenglykolzusatz und Urea steigern die Penetration). 
Die Präparate innerhalb der einzelnen Gruppen sind nur grob äquivalent, Clobetasolpropionat (Dermovate) ist derzeit das potenteste, aber auch nebenwirkungsreichste Steroid.

 

Nebenwirkungen topischer Steroide
Systemische Nebenwirkungen

Mit systemischen Nebenwirkungen muß bei der Applikation potenter Corticosteroide auf große Areale für längere Zeit gerechnet werden. Ein erhöhtes Risiko besteht, wenn die Permeation erhöht ist (Okklusivbedingungen, entzündete Haut, gleichzeitige Retinoidtherapie), bei Vorliegen von Lebererkrankungen und bei Kindern. Bei kurzzeitigem Gebrauch tritt nur eine transiente Beeinflussung der Hypophysenvorderlappen-Nebennierenachse mit Unterdrückung des Plasmacortisonspiegels auf, bei längerem Gebrauch kann es bis zum voll ausgeprägten Bild eines iatrogenen Cushing kommen. Bei Patienten, die fälschlicherweise über längere Zeit großflächig hochpotente Steroide appliziert haben, sind endokrinologische Untersuchungen angezeigt (Plasmacortisonspiegel, Insulinstreßtest). Ein plötzliches Absetzen bei diesen Patienten kann gefährlich sein, bei Operationen ist eine systemische Corticosteroidsubstitution angezeigt. Bei Clobetasonpropionat (Dermovate) besteht die größte Gefahr des Auftretens systemischer Nebenwirkungen. Eine einzige nichtokklusive Applikation von 15g auf die normale Haut des Stammes führt in 9 Stunden zur kompletten Unterdrückung der Nebenniere (6). Die Lokaltherapie mit Clobetasonpropionat dürfte in vielen Fällen somit praktisch einer systemischen Steroidtherapie entsprechen. Bei einer Gesamtmenge von >10g bei Kindern und >50g bei Erwachsenen pro Woche muß mit dem Auftreten systemischer Nebenwirkungen gerechnet werden. Bei Applikation der weniger potenten Steroide (z.B. Betamethasonvalerat, 7,8) treten hingegen bei Erwachsenen selbst bei chronischer Applikation größerer Dosen kaum Probleme auf, außer bei Vorliegen der oben genannten Risikofaktoren. Bei Kindern ist die Situation weniger klar, da nur wenige Daten vorliegen. In einer kleinen Studie an 6 Kindern (Alter 7-31 Monate) mit generalisiertem atopischem Ekzem fand sich bei 4x täglicher Applikation von 0,1% Triamcinolonacetonid keine Unterdrückung der Hypophysenvorderlappenachse (9). Bei korrektem Gebrauch höchstens mittelstarker Steroide dürfte das Risiko systemischer Nebenwirkungen auch bei Kindern über 7 Monaten gering sein.

 

Lokale Lebenwirkungen

1. Atrophie der Epidermis, Dermis evtl. Subkutis:
Zigarettenpapierhaut, Teleangiektasien (z.B. rotes Steroidgesicht), Hautblutungen, Pseudonarben, Striae in den Intertrigoarealen, perianale Atrophie.
2. Periorale Dermatitis (Steroidrosacea
): die längere Anwendung von Steroiden im Gesicht (z.B. wegen einer milden, durch falschen Kosmetikagebrauch hervorgerufenen Entzündung, i.e. einer perioralen Dermatitis) führt zu einer Steroidabhängigkeit (2) der Haut und zum Auftreten einer starken Entzündung (periorale Dermatitis) vor allem nach Absetzen des Steroids ("rebound dermatitis"). Dies veranlaßt den Patienten, das Steroid erneut zu applizieren. Die Entzündung wird erneut unterdrückt werden und der scheinbare Erfolg die Steroidabhängigkeit intensivieren. Letztlich kommt es auch noch zu massiven Steroidschäden (Steroidgesicht). Einzig sinnvolle Maßnahme ist das Absetzen des Steroids (wegen der massiven rebound dermatitis oft stationäre Therapie nötig). Eine solche Steroidsucht der Haut ist prinzipiell an jeder Körperstelle möglich, im Gesicht aber am häufigsten.
3. Maskierung und Exacerbation kutaner Infektionen
: z.B. Pilzinfektion (Tinea incognita).
4. Verzögerung der Wundheilung
: Vergrößerung von Ulcera cruris, wenn Steroide nicht nur zur kurzfristigen Behandlung einer periläsionalen Dermatitis eingesetzt werden.
5. Steroidakne
: eine solche tritt nicht nur bei systemischer Verabreichung von Steroiden, sondern auch bei topischer Applikation auf und muß von einer bakteriellen Folliculitis unterschieden werden (Gramfärbung: grampositive Staphylokokken bei bakterieller Follikulitis, grampositive pleomorphe Stäbchen/Propionibacterium acnes bei Steroidakne).
6. Auftreten von Pigmentverschiebungen
 (Hypo- und Hyperpigmentierungen).
7. Nebenwirkungen am Auge
: nach topischer Steroidapplikation kann es zur Sackbildung der Lider sowie zum Auftreten von Glaukom, selten von Katarakt, kommen.
8. Auftreten einer (generalisierten) pustulösen Psoriasis
 nach schnellem Absetzen hochpontenter Steroide.
9. Allergische Kontaktdermatitis
: auf das Corticosteroid selbst sehr selten, häufiger auf Salbengrundlagen und Konservierungsmittel (anfänglich oft maskiert).
Diagnostische Schwierigkeiten
, die auftreten, wenn eine Hautläsion ohne vorherige Diagnose mit Steroiden behandelt und ihre Morphologie verändert wurde, sind auch als (häufige) Folge zu betrachten. Steroidnebenwirkungen treten vor allem bei Kindern und älteren Leuten (dünne Haut, höhere Steroidrezeptordichte als im mittleren Lebensalter, Kinder haben zudem eine relativ größere Oberfläche), bei Okklusivanwendung und an den Hautregionen mit hoher Permeabilität (Ausnahme: Kopfhaut) auf.

 

Indikationen und Anwendungshinweise
Auswahl des Corticosteroids

Grundsätzlich soll immer das schwächste für die Behandlung der vorliegenden Erkrankung erfahrungsgemäß noch ausreichend starke Steroid verwendet werden, wobei auch die je nach Lokalisation unterschiedliche Corticosteroidpenetration durch die Haut und das Alter des Patienten zu berücksichtigen sind (schwächere Steroide an stärker permeablen Hautstellen und bei Kindern sowie älteren Menschen). Bei auf Steroide gut ansprechenden Dermatosen (wie akutem Kontaktekzem, atopischem, seborrhoischem bzw. mikrobiellem Ekzem, Stauungsekzem, manchen Formen der Psoriasis) kann man meist mit schwach bis mittelstarken Corticosteroiden eine klinische Remission erzielen. Weniger steroidsensitive Dermatosen (wie Psoriasis vulgaris an Fußsohlen und Händen, Lichen ruber planus, chronisch discoider Lupus erythematodes) benötigen hingegen meist höhere Konzentrationen und/oder Okklusivtherapie oder hochpotente Steroide. Manche Dermatosen sind durch Corticosteroide nur bei intraläsionaler Verabreichung beeinflußbar. In der Praxis wird meist in Form einer Stufentherapievorgegangen. Man beginnt je nach Krankheitstyp und Akuität des Prozesses mit einem schwachen bis starken Steroid (möglichst kurzfristig). Nach Erreichen der klinischen Remission baut man ab, entweder durch Verwendung einer niedrigen Konzentration (Fertigpräparate oder Verdünnung mit geeigneten Vehikeln) oder durch Übergang auf ein weniger potentes Steroid. Bei Erkrankungen, die einer längeren Therapie bedürfen, wird man dann versuchen, die Applikationsfrequenz zu senken und eine diskontinuierliche Therapie durchzuführen. Dies ist wahrscheinlich auch günstig, weil bei längerer kontinuierlicher Behandlung der therapeutische Effekt nachlassen kann (Tachyphylaxiephänomen). So kann statt 2x täglich das Corticosteroid nur mehr 1x täglich am Morgen appliziert werden und die Steroidpause durch ein corticosteroidfreies Basistherapeutikum (Vehikel) ausgefüllt werden (Tandemtherapie). Steht die Erzielung eines proliferationshemmenden Effektes im Vordergrund, wie z.B. bei der Psoriasis, könnte aufgrund theoretischer Erwägungen die Applikation des Steroids am Abend Vorteile bringen. Bei ausgedehnten Hauterkrankungen besteht die Möglichkeit, jeweils verschiedene Hautareale an verschiedenen Tagen zu behandeln und so die Grundregel, nach Möglichkeit nicht mehr als 20% der Körperoberfläche gleichzeitig mit Corticosteroiden zu behandeln, einzuhalten. In der Folge wird man dann versuchen, auf eine Intervall-Therapie (z.B. 1 Tag Steroid, 1 Tag nur Basistherapeutikum) überzugehen.

 

Häufigkeit der Applikation

Klinische Studien mit stärkeren Corticosteroiden ergaben in der Gesamtschau, daß eine 2x tägliche Applikation in der Regel genügt. Bei den hochpotenten Steroiden allerdings kann eine 1x tägliche Applikation bereits in vielen Fällen ausreichend sein, wahrscheinlich, weil diese Substanzen selbst nach 1x Applikation noch lange in der Haut nachweisbar sind (Reservoireffekt). Die Grundregel lautet jedenfalls: je potenter ein Steroid ist, umso seltener applizieren. So wird im allgemeinen empfohlen, Hydrocortison 3(-4)x täglich, die mäßig starken und starken Corticosteroide 2(-3)x täglich und die sehr starken (1-2)x täglich zu applizieren und nach Remission der Dermatose die Frequenz zu senken.

 

Kombinationen Corticosteroid + antimikrobielle Substanzen

Es ist sehr umstritten, ob solche Kombinationspräparate (dies gilt besonders für die Kombination mit antibakteriell wirkenden Substanzen) überhaupt jemals wirklich indiziert sind. In bestimmten Fällen scheint ihr kurzfristiger Einsatz allerdings unter Beachtung bestimmter Vorsichtsmaßnahmen (siehe unten) vertretbar, wenn auch diese Präparate sicher häufiger verwendet werden, als ihre Eigenschaften rechtfertigen. Sie dürfen allerdings auf keine Fall im Sinne einer Anti-"Alles"-Therapie unter Umgehung einer exakten Diagnosestellung eingesetzt werden.

 

Steroide + Antibiotika/Antiseptica

Die Verwendung solcher Kombinationen birgt mehrere Risiken in sich. So kann es zur Indikation einer Kontaktallergie kommen. Dies ist besonders häufig bei Neomycin der Fall (in:Betnovate N, Synalar N, Locacorten mit Neomycin, plus weitere antibakterielle Stoffe: Ecomytrin-Hydrocortison, Volon-A-Salbe antibiotikahaltig, Volonimat antibiotikahaltig, Tropoderm, Cambison). Eine primäre Sensibilisierung kommt allerdings fast nur bei chronischem Gebrauch an chronisch venösen Ulcera vor. Vermeidet man dies, kommt es selten zur Neomycinallergie. Ein weiteres Problem ist die Gefahr der Induktion antibiotikaresistenter Keime, wobei dieses Problem vor allem in geschlossenen Gruppen, wie z.B. den Spitälern, auftritt. Der Gebrauch dieser Präparate ist unter diesen Bedingungen daher ganz besonders kritisch zu sehen.
Kombinationspräparate mit dem für den systemischen Gebrauch wichtigen Gentamycin (Diprogenta, Decoderm comp.) sollten daher nur in Ausnahmefällen verwendet werden. Bei bestimmten Ekzemen mit starker Staphylokokkenbesiedlung (ohne klinische Zeichen einer Infektion) konnte im klinischen Versuch eine etwas schnellere Abheilung durch Kombinationspräparate erzielt werden. Angesichts der Risiken ist der generelle Einsatz aber nicht gerechtfertigt. Bei einer akuten, hochentzündlichen Dermatose mit drohender oder bereits erfolgter sekundärer Impetiginisation (z.B. impetiginisierte Ekzeme) erscheint eine einleitende, kurzzeitige Therapie mit Kombinationspräparaten sinnvoll. Bei stärkerer sekundärer Infektion sind allerdings parenterale Antibiotika vorzuziehen.
Eine ähnliche Argumentation ist für Kombinationen mit Tetracyclin (Aureocort, Terra-Cortril, plus Polymyxin B: Terra-Cortril-Spray mit Polymyxin) und Clioquinol (Diproquin, Betnovate C, Locacorten-Vioform, Neriquinol, Temetex C, Ultraquinol) angebracht.
Eine Kombination mit Chloramphenicol (Cortison-Kemicetin-Salbe) ist wegen auch bei dieser lokalen Applikation möglichen Blutbildschäden (siehe Pharmainformation I/3 auf allergischer, nicht dosisabhängiger Basis) nicht vertretbar. Eine Kombination mit Hexachlorophen (Ekzemsalbe F-Agepha, Hexacorton-Creme) ist aufgrund der zentralnervösen Toxizität dieser Substanz bei Resorption nicht zweckmäßig (10).
Der Zusatz von Borsäure (Kühlprednon) ist aufgrund möglicher toxischer Wirkungen dieser Substanz bei Resorption obsolet (10).

 

Steroide und Antihistaminica

Der Wert des Zusatzes von Antihistaminica (in Soventol H, Umadren H, Dipreson, Ultraproct) ist umstritten. Doppelblindstudien haben keinen Effekt auf z.B. Juckreiz und Erythem gezeigt, der über die Wirkung der Salbengrundlage hinausgeht (10,11). Andererseits können Antihistaminica lokal allergisierend wirken (10).

 

Steroide und Antimykotika

Sinnvoll, aber nicht unbedingt nötig erscheinen diese Präparate zur kurzfristigen Initialbehandlung der ekzematösen Form von Fußpilzinfektionen (Daktacort, Myco-Synalar, Travocort). Die Gefahr liegt darin, daß die diagnostische Unterscheidung zwischen der ekzematösen Form einer Pilzinfektion und Fußekzemen nicht mehr getroffen wird, das Kombinationspräparat die Pilzinfektion aber nicht zu eliminieren vermag. Bei Vorliegen intertriginöser Ekzeme mit sekundärer Candidabesiedelung scheint die kurzfristige Verwendung (!) eines Kombinationspräparates nicht unvernünftig, bei einer primären Candidaintertrigo ist allerdings nur ein Antimykotikum indiziert.
Kombinationen mit Antibiotika und Antimykotika sind aufgrund der bereits oben angeführten Argumente nicht zweckmäßig: Delmeson, Decoderm trivalent, Volonimat-Plus-Salbe antibiotikahaltig, Mycostatin-V-Salbe, Ampho-Moronal-V-Salbe, Topsym polyvalent). Eine Verwendung solcher Präparate kann man nur als Schrotschußtherapie bezeichnen (10).

 

Relative Potenz topischer Glukokortikosteroide

(in Österreich registrierte Monopräparate; wie aus dem Text hervorgeht, sind Kombinationspräparate nur selten indiziert)

I. Schwach

0,04 bis 0,2% Dexamethason (Dexamethason Linz)
0,25 bis 2,5% Hydrocortison/acetat (Hydroderm Aesca, Hydrocortison Linz)
0,5% Prednisolon (Prednisolon Linz, P.-Kwizda


II. Mäßig stark

0,05% Clobetasonbutyrat (Emovate)
0,03% Flumethason-21-pivalat (Locacorten)
0,025% Triamcinolon-16, 17-acetonid (Volonimat antibioticafrei, Volon-A-Spray


III. Mittelstark

0,1% Betamethasonvalerat (Betanovate)
0,5% Fluocortolon (Ultralan)
0,025% Fluocinolonacetonid (Synalar)
0,1% Fluprednyliden-21-acetat (Decoderm)
0,025% Halcinonid (Halog 0,02%)
0,1% Triamcinolon-16, 17-acetonid (Delphicort, Volan A antibioticafrei)


IV. Stark 

0,05% Betamethason-17,21-dipropionat (Diproderm, Diprotop)
0,25% Desoximetason (Topisolon)
0,1% Diflucortolon-21-valerat (Nerisona, Temetex)


V. Sehr stark

0,3% Diflucortolon-21-valerat (Neriforte, Temetex-forte)
0,1% Halcinoid (Halog 0,1%)
0,05% Fluocinonid (Topsym)
0,05% Clobetasol-17-propionat (Dermovate)

 

Einige "Gebote" für den Einsatz topischer Corticosteroide

Die Unterscheidung nach Wirkungsstärken ist wichtig für die richtige Verwendung. Die Tabelle sollte das Auffinden der bisher verschriebenen Präparate erleichtern.
2. Wähle das schwächste Corticosteroid aus
, das in der vorliegenden Situation noch wirksam ist! Falls erforderlich, verwende stärkere Corticosteroide möglichst kurz und schleiche dann aus (niedrigere Konzentrationen oder schwächeres Steroid, Senkung der Applikationsfrequenz)!
2. Verwende Steroide äußerst kritisch und bedenke stets, daß sie nur symptomatisch wirken und die Erkrankung nicht heilen:

Wenn eine Dermatose nicht anspricht oder sich vorerst bessert, nach Absetzen der Corticosteroide aber wieder aufflammt, unbedingt daran denken, daß die Diagnose falsch sein und unter Umständen sogar eine Kontraindikation (primäre Infektion, Tumor) vorliegen könnte:
Unter nicht abheilenden Ekzemen verbirgt sich unter Umständen ein Morbus Bowen, ein Morbus Paget der Mamille (Achtung bei einseitigen Brustwarzenveränderungen) oder eine Mykosis fungoides. Wenn sich ein "Ekzem" bessert, nicht aber der Juckreiz, unbedingt an Scabies denken! Wenn ein vermeintliches Ekzem wieder aufflammt, unbedingt an Pilzinfektionen denken (Tinea incognita)!
3. Bei Veränderungen in den Intertrigostellen prinzipiell nur kurzfristig Steroide, vorher exakte Diagnose.
 Bei Übersehen einer Pilzinfektion (Fadenpilz, Candida) wird das Steroid vom Patienten immer wieder wegen der scheinbaren Wirkung appliziert, und es kommt zum Auftreten von massiven, irreversiblen Striae. Dies kann auch beim erfolglosen Versuch, ein Erythrasama mit Corticosteroiden zu behandeln, der Fall sein.
4. Im Gesicht Vorsicht mit Steroiden
: (Steroidabhängigkeit, periorale Dermatitis). Steroide nur kurzfristig bei entsprechender Indikation (z.B. akute Kontaktdermatitis), keine hochpotenten Steroide.
5. Besondere Vorsicht bei Kindern
: möglichst nur schwache Präparate (vorzugsweise Hydrocortison) verwenden. Falls nötig, kurzfristig stärkere Präparate, möglichst rasch auf schwache Präparate übergehen.
6. Aufklärung des Patienten über die Art
 und voraussichtliche Daher der Anwendung. Die Patienten, die mit topischen Steroiden behandelt werden, sollten regelmäßig kontrolliert werden.

 

Besonderer Hinweis für den Gebrauch hochpotenter Steroide

Hochpotente Steroide wie z.B. Clobetasonpropionat (Dermovate) stellen einen Fortschritt dar, da ihr korrekter Gebrauch an entsprechenden Patientenpopulationen für kurze Perioden unter Beachtung entsprechender Vorsichtsmaßnahmen die Behandlung auch sehr corticosteroidresistenter Dermatosen erlaubt. Die kurzfristige hocheffektive Therapie, die schnell abgebaut werden kann, ist in diesen Fällen einer längerdauernden Behandlung mit weniger aktiven Substanzen vorzuziehen. Diese Präparate dürfen nur für kurze Perioden (in der Regel maximal 2 Wochen, Gesamtdosis unter 50 g/Woche wegen der Gefahr systemischer Nebenwirkungen) angewendet werden, anschließend die Applikationsfrequenz verringern oder auf schwächere Steroide wechseln. Nie an Stellen mit erhöhter Permeabilität (Gesicht, Axillen, Perinalregion, Perigenitalregion) verwenden! Die Verwendung bei Kindern und Schwangeren vermeiden! Die Patienten über Anwendung und Gefahren aufklären!
Der beste Einsatz der topischen Corticosteroide scheint gewährleistet, wenn jeder Arzt außer Hydrocortison sich mit jeweils einem oder zwei topischen Corticosteroidpräparaten verschiedener Potenz vertraut macht.
 Die Auswahl dieser Präparate und der Basisdermatica sollte unbedingt die Kosten miteinbeziehen, die beträchtlich sein können. Sind die Diagnose und Indikation nicht klar, sollte unbedingt ein Dermatologe zugezogen werden, da dem Patienten bei nicht fachgerechtem Einsatz dieser Präparate wegen der möglichen Nebenwirkungen und der Erschwerung einer Diagnosestellung beträchtliche Nachteile erwachsen können. Eine intraläsionale Corticosteroidtherapie von Dermatosen sollte ebenso wie die Okklusivanwendung in der Regel nur von Dermatologen durchgeführt werden. Dies gilt auch für die Behandlung resistenter Dermatosen mit hochpotenten Steroiden.

Literatur:
1: Int. J. Dermatol. 21, 51-67 (1982)
2: Int. J. Dermatol. 18, 23-31 (1979)
3: Drugs 19, 119-134 (1980)
4: Pediatric Dermatology 1, 226-235 (1984)
5: Topical Corticosteroids, 2540-2545, in: Dermatology in General : Medicine, eds. TB Fitzpatrick, AZ Eisen, K Wolff, IM Frredberg, KF : Austen, McGraw-Hill, Inc. 1987
6: Lancet 1, 1200, 1975
7: Brit. J. Dermatol. 94 (Suppl.12) 77-82 (1976)
8: Brit. J. Dermatol. 88, 381-385 (1973)
9: Arch. Dermatol. 114, 1165 (1978)
10: Transparenztelegramm 85/86
11: Brit. Med. J. 287, 1427 (1983)

 

P.b.b. Erscheinungsort Verlagspostamt 1010 Wien

Dienstag, 22. Oktober 1996

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Kontakt:

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