Helene Wastl – die Namensgeberin des Innsbrucker Medizin Mentoring-Programms
"Erst ab 1900 war es jungen Frauen in Österreich möglich, ein Medizinstudium zu absolvieren. 1907 wurden sie zum Universitätsassistentendienst, 1919 generell zur Habilitation zugelassen. An der medizinischen Fakultät Innsbruck gab es die ersten Hospitantinnen im Studienjahr 1906/07, die erste ordentliche Hörerin wurde im Sommersemester 1911 immatrikuliert. Die erste Promotion erfolgte 1915. Noch 1927 stellte der Rektor der Universität Innsbruck anlässlich des dreißigjährigen Frauenstudiumsjubiläums fest, dass "trotz der zahlreichen Studentinnen an unserer medizinischen Fakultät in Innsbruck noch keine Frau eine ärztliche Praxis eröffnet" habe.
Zu den Pionierinnen, die in die männlich dominierte Medizinwissenschaft eindringen konnten, zählte Helene Wastl."
„Vor dem Hintergrund ihrer Herkunft aus dem mittleren Beamtentum und der eingeschränkten Möglichkeiten für Mädchen, eine Mittelschule und noch mehr die Universität zu besuchen, ist Helene Wastls Leistung nicht hoch genug einzuschätzen. Die Entscheidung für das Gymnasium und später für die Universität fußte auf überdurchschnittlicher Begabung und sehr gutem Schulerfolg."
Das Einschlagen einer wissenschaftlichen Karriere und vor allem die erfolgreiche Habilitation bedeutete einen Meilenstein auf dem Weg zur Gleichberechtigung von Frauen."
Studium, wissenschaftliche Karriere, internationale Mobilität - diese für die heutigen Akademikerinnengeneration selbstverständlichen Möglichkeiten hat Helene Wastl als eine der ersten erschlossen. Dafür gebührt ihr Wertschätzung." (Textpassagen vgl. Lichtmannegger, Susanne, 2003, S. 205ff)
Mit der "symbolischen Mentorschaft" von Helene Wastl als Namenspatronin des Innsbrucker Medizin Mentoring-Programms soll dieser Wertschätzung Ausdruck verliehen werden.
Helene Wastl wurde am 3. Mai 1896 als Tochter des Ingenieurs der k.k. Staatsbahnen und späteren Oberstaatsbahnrates Peter Wastl in Wien geboren. 1904 übersiedelten die aus Kärnten stammenden Eltern Wastls von Landeck nach Innsbruck.
Im Wintersemester 1916/17 begann sie an der medizinischen Fakultät der Universität Innsbruck als eines von insgesamt 11 Mädchen mit dem Medizinstudium. Helene, deren Vater 1913 verstarb, wurde von der Universität das Kolleggeld zunächst zur Hälfte, schließlich ganz erlassen.
Möglicherweise half die Anstellung als "Demonstrator" am Institut für Physiologie unter Ernst Theodor Brücke (1880-1941), die Helene abdem dritten Semester erlangte, bei der Finanzierung des Studiums. Wie im Gymnasium zeigte Helene Wastl an der Universität außergewöhnliche Leistungen. Alle drei medizinischen Rigorosen legte sie mit dem Hauptkalkül "ausgezeichnet" ab und wurde am 11. Februar 1922 als zweite Inländerin an der medizinischen Fakultät Innsbruck zum Dr.med. promoviert.
Helene Wastl war für einige Jahre mit dem Physiologen Franz Lippay (1897-1965) verheiratet, der ab 1923 als Demonstrator und später Assistent zu Wastls Kollegen am Wiener physiologischen Institut zählte. Die Hochzeit fand am 9. Juli 1932 in Wien statt. Sie selbst nannte sich jedoch weiterhin Helene Wastl.
Helene Wastl starb vermutlich im Sommer 1948, das genaue Todesdatum konnte bisher nicht eruiert werden.
Anstellung als "Demonstrator" am Institut für Physiologie unter Ernst Theodor Brücke ab dem dritten Semester
Ablegung aller drei medizinischen Rigorosen mit Auszeichnung
Vor Helene Wastl hatten in Innsbruck nur fünf Frauen in Medizin promoviert: bis 1918 vier Ausländerinnen, die erste Wilhelmine Schönthaler aus Njmwegen in Holland, wobei es sich genau genommen um die Nostrifikation eines ausländischen Doktorgrades handelte.
Wissenschaftliche Tätigkeit mit starker internationaler Orientierung:
Lehrbefugnis für Physiologie
Habilitationsschrift: "Über die Wirkung des Adrenalins und einiger anderer Inkrete auf die Kontraktionen des Warmblütler-Skelettmuskels" sowie über 40 wissenschaftliche Abhandlungen (physikalische und chemische Eigenschaften des Blutes wie die Senkungsgeschwindigkeit, Ernährungsfragen und das Thema Reizphysiologie)
Professorin in den USA:
Veröffentlichungen, einige mit Hahnemanns wichtigstem Homöopathen Garth Boericke