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Ines Schoberleitner ist MUI Scientist to watch

Mit dem Programm „MUI Scientist to watch“ holt die Medizinische Universität Innsbruck ihre herausragenden Wissenschafterinnen und Wissenschafter vor den Vorhang. Alle drei Monate haben ForscherInnen die Möglichkeit ihre jeweils beste Arbeit einzureichen und von einem unabhängigen Komitee bewerten zu lassen. Im ersten Quartal 2024 hat die Molekularbiologin Ines Schoberleitner überzeugt.

Ines Schoberleitner ist eine Wissenschafterin an der Medizinischen Universität Innsbruck, die man kennen sollte: eine „MUI Scientist to watch“. So hat die Jury in der Ausschreibungsrunde des Förderprogramms für das erste Quartal 2024 entschieden. Ausgezeichnet wurde die Molekularbiologin, die bis Ende Mai als PostDoc im Forschungslabor der Univ.-Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie (interim. Direktor: Anton Schwabegger) tätig war, für eine Arbeit, in der sie sich mit einem interdisziplinären Team um Projektleiterin Dolores Wolfram-Raunicher mit der Verträglichkeit von Brustimplantaten beschäftigte. Das Fachjournal Frontiers in Immunology publizierte die Studie, in der sich Schoberleitner mit ihren KollegInnen der Untersuchung von Immunantworten und Wundheilung infolge der Implantation zweier unterschiedlicher Expander* mit verschiedenen Oberflächentexturen widmete. Die Besonderheit des Projekts: „Wir haben uns erstmals auf allen Ebenen angeschaut, was in Echtzeit in der Patientin geschieht“, erklärt Schoberleitner. Es gebe zwar Vorgängerstudien. Diese seien aber mit Modellorganismen durchgeführt worden seien.

Insgesamt nahmen an der Untersuchung, die 2020 startete, zehn gesunde Patientinnen teil, die sich aufgrund eines erhöhten genetischen Brustkrebsrisikos vorsorglich einer Mastektomie unterzogen. Ihnen wurde jeweils ein routinemäßig eingesetzter Expander mit rauerer Textur und ein neueres Produkt mit ebenmäßigerer Oberfläche implantiert. Sieben der Patientinnen wurden anschließend analysiert. 

„Wir haben mit vielen Instituten und Kliniken an der Medizinischen Universität zusammengearbeitet, allen voran mit der Univ.-Klinik für Gynäkologie und der Univ.-Klinik für Radiologie. An der Protein Core Facility haben wir uns parallel zum Blutbild vor der Operation das proteomische Bild des Wundwassers ab dem ersten Tag post-OP angeschaut: Was wird rund um das Implantat aus der Blut- und der Lymphbahn eingespült, welche Proteine werden im Sinne der Immunantwort exprimiert? Das haben wir dann mit immunhistochemischer Gewebefärbung mit der Univ.-Klinik für Dermatologie und den Instituten für Pathologie und Anatomie angeschaut“, sagt Schoberleitner, Mit der Entfernung des Expanders nach sechs Monaten entnahmen die WissenschafterInnen in Zusammenarbeit mit Michaela Lackner (Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie) und Debora Coraça Huber (Biofilm Labor der Univ.-Klinik für Orthopädie und Traumatologie) auch eine Probe der Kapsel und untersuchten beides nach Bakterien und Pilzbiofilmen. Die Patientinnenzahl war klein, die Ergebnisse aber eindeutig: „Der Einsatz der Expander mit der raueren Oberfläche hat höhere inflammatorische Marker hervorgerufen, das Immunsystem hat also stärker darauf reagiert. Je höher die Immunantwort ausfällt, desto schlechter verläuft die Genesung. Die Wundheilungsantwort, die Kapsel, die sich um das Implantat gebildet hat, war signifikant dicker. Mit Birgit Amort von der Radiologie haben wir die Dicke der Kapsel und den Unterschied als erste mittels Ultraschall nachgewiesen“, fasst Schoberleitner zusammen. Das Resultat spiegelte sich auch in der Zufriedenheit und Lebensqualität der Patientinnen wider, die das glattere Implantat – ohne zu wissen, auf welcher Seite dieses eingesetzt wurde – als angenehmer empfanden. Für die Qualitätssicherung der Studie seitens der Tirol Kliniken war Stephan Sigl von der Univ.-Klinik für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie verantwortlich.

Aus dem Projekt sind vier Publikationen hervorgegangen, die jeweils mit Preisen ausgezeichnet worden sind: Die erste befasste sich mit der Charakterisierung der Immunantwort in den ersten fünf Tagen nach der OP und nach acht Monaten. Dafür erhielt Schoberleitner Ende des vergangenen Jahres den Preis der Brigitta Zollner Stiftung. In einer zweiten klinischen Publikation bewerteten die ChirurgInnen und die PatientInnen das Outcome. Angela Augustin erhielt dafür den Hologic-Wissenschaftspreis der Österreichischen Gesellschaft für Senologie (ÖGS). Die angehende Medizinerin Leoni Baier erreichte mit ihrer mikrobiologischen Diplomarbeit zum Thema den ersten Platz und erhielt dafür den Forschungspreis SFU/ÖGPRÄC „Plastische Chirurgie 2023 (Wundheilung)“. In Frontiers in Immunology wurde die eingangs beschriebene Forschungsarbeit publiziert, für die Schoberleitner nun die MUI Scientist to watch Auszeichnung erhielt. „Das ganze Projekt war ein Erfolg, wir haben gut gearbeitet“, resümiert die Wissenschaftlerin. Forschung von, mit und für Frauen ist ihr ein besonderes Anliegen. „Wir Frauen müssen uns um uns kümmern“, sagt sie. Wichtiger als Missstände aufzudecken und zu beklagen, sei es, selbst aktiv zu werden und zur Klärung offener, frauenspezifischer Fragen in der Medizin beizutragen. Das BrustGesundheitZentrum Tirol biete dafür sehr gute Möglichkeiten.

Wie geht es nun für sie weiter? Mit dem Ende des Projekts an der Univ.-Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie freut sie sie sich nun auf neue Aufgaben: Am 1. August wird sie eine Stelle am Institut für Pathologie, Neuropathologie und Molekularpathologie (Direktorin: Adelheid Wöhrer) antreten. „Ich lerne gerne dazu und freue mich auf neue Projekte“, sagt Schoberleitner.

Ihre ersten Karriereschritte an der Medizinischen Universität Innsbruck machte sie in der biochemischen Grundlagenforschung in der Arbeitsgruppe von Alexandra Lusser (Institut für Molekularbiologie, Direktor: Hubertus Haas). „Nur die tiefenmolekularen Methoden, die ich dort lernte, haben mir die Gelegenheit gegeben, in der klinischen Studie Fragen molekular richtig zu interpretieren und es mir ermöglicht, proteomische Untersuchungen mit Patientinnenproben an der Protein Core Facility zu machen, mit Methoden, die wir dort gemeinsam mit Klaus Faserl entwickelt haben.“ Gleichzeitig blickt sie dankbar auf ihre Erfahrungen an der Klinik zurück, wo sie die Gelegenheit bekam, sich organisatorisch bei der Konzeption der Studie einzubringen und sich eingehend mit regulatorischen und ethischen Fragen zu beschäftigen. Dafür belegte sie auch den Prüfärztekurs, der am Kompetenzzentrum für Klinische Studien (KKS) der Med Uni angeboten wird. „PatientInnenrechte, Datenschutz, die Fragen, wie man Proben überhaupt nutzen darf, das war alles sehr interessant, weil sich mir eine ganz andere Seite der Forschung zeigte. Jetzt habe ich einen wirklich starken molekularbiologischen und immunologischen Background und verstehe auch die Routineabläufe in der Klinik.“

(Innsbruck, am 21. Juni 2024, Text: T. Mair, Foto: MUI/D. Bullock)

*Expander sind temporäre Brustimplantate, die Patientinnen infolge der Entfernung des Brustgewebes (Mastektomie) eingesetzt werden. Sie sind auffüllbar, sodass sich der Hautmantel nur langsam aufdehnt, zwei Schläuche an beiden Seiten ermöglichen außerdem, dass das entstehende Wundwasser abfließen kann. Nach sechs Monaten, wird der Expander gegen ein permanentes Brustimplantat ausgetauscht, das in die Kapsel, die sich bis dahin gebildet hat, eingesetzt wird.

Forschungsarbeit:
Schoberleitner Ines et al. „Silicone implant surface microtopography modulates inflammation and tissue repair in capsular fibrosis“, in Frontiers in Immunology,15, 2024, DOI: 10.3389/fimmu.2024.1342895
https://www.frontiersin.org/journals/immunology/articles/10.3389/fimmu.2024.1342895

Links:
Brigitta Zollner Preis 2023 für Ines Schoberleitner
Programm MUI Scientist to watch

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